Fundstücke: der erste "Kanakenrap"

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Im Zuge der Straßen-und Gangsterrapwelle hielt die historisch eigentlich sehr unschöne Bezeichnung des „Kanakenraps“ Einzug in die deutsche Rapwelt. Der Begriff „Kanake“ stellte ursprünglich ein Schimpfwort gegen Ausländer sudländischer Herkunft dar, wird seit den 90ern jedoch vermehrt von heranwachsenden Ausländern selber benutzt und verliert durch diesen Gebrauch immer mehr seine einst negative Bedeutung. Vor allem im Deutschrap Kontext hat das Wort „Kanake“ inzwischen einen anderen Sinngehalt erfahren und kennzeichnet eine bestimmte inhaltliche Ausrichtung des musikalischen Schaffens. Ob man diese Entwicklung begrüßt oder eher für fragwürdig hält, sei hier dahingestellt.

Beispiele für den offensiven Umgang mit diesem Begriff sind zum Beispiel Haftbefehl, dessen Label Azzlackz für „Asoziale Kanaken“ steht, und der sogar sein aktuelles Album „Kanacki?“ taufte. Auch Summer Cem berappt auf seine Art und Weise in „Kanakk“ das Dasein als Ausländer in Deutschland:

Chablife alias Kay One & Jaysus hatten ebenfalls vor einigen Jahren den Track „Nette Kanacken“ am Start (im Video sogar mit Gevatter Eko Fresh):

„Urvater“ des „Kanakenraps“ ist jedoch jemand ganz anderes. Bereits 1994 setzte sich die Fresh Familee mit ihrem Track „Sexy Kanake“ humorvoll und bissig mit dem „Südländer Klischee“ auseinander. Die Crew setzte sich aus Mitgliedern mit u.a. türkischen und marokanischen Wurzeln zusammen und bildete eine der ersten deutschen Rapbands überhaupt. Bereits 1990 hatte sich die Fresh Familiee kritisch und musikalisch innovativ mit Integrationsproblemen auseinandergesetzt, indem sie auf dem Track „Ahmet Gündüz“ den Alltag in Deutschland aus der Perspektive eines türkischen Arbeiters schildert. Neben der leider immer noch aktuellen und wichtigen Thematik, nimmt „Ahmet Gündüz“ aber auch aus einem anderen Grunde eine Ausnahmestellung ein: so soll es sich bei dem Stück um die die erste wichtige deutsche Hip Hop Produktion handeln, die regulär im Handel zu veröffentlicht wurde. Auch heute noch hat der Track nichts an seinem Reiz verloren und punktet mit einem unterhaltsamen und gleichzeitig kritischen Konzept:

In dem Track „Sexy Kanake“ aus dem Jahre 1994 wiederum wird das Schimpfwort „Kanake“ dann seinem herabwürdigendem Charakter beraubt und zu einem „funky Sommerhit“ umgepolt. Mit Sicherheit ist das Lied der Fresh Familee nach heutigen Maßstäben deutlich angestaubt, doch die unbewußte Tragweite der Aussage ist, anhand des heutigen inflationären Gebrauchs des Wortes „Kanake“, schon bemerkenswert.