It's a Cro World

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Cro ist zurzeit aus dem Geschehen im deutschen Rapzirkus nicht mehr wegzudenken. In den vergangenen Monaten hat er sich vom Noname zum viel diskutierten Hype im Internet und schließlich auch zum Gesprächsthema in allen anderen Medien entwickelt.

Mit „Easy“ erlangte er nicht nur Klickzahlen im siebenstelligen Bereich und Thomas Gottschalks Interesse, sondern schaffte es damit auch jüngst auf Platz 2 der deutschen Singlecharts. Und dass obwohl der Track – scheinbar von der breiten Masse unbemerkt – auf seinem gleichnamigen Free-Mixtape vertreten ist. Der kommerzielle Erfolg, der sich ja bereits angekündigt hatte, ist somit eingetreten.

Inzwischen sehen sich auch die Redakteure der Mainstream-Medien gezwungen, sich mit dem Newcomer zu beschäftigen und so erklären uns wieder einmal Tagespresse und Fernsehmagazine, wer Hip-Hop-Deutschland dieses Jahr retten wird, während sich andernorts die militanten Fundamentalisten unter den Bloggern ihr Schandmaul über den vermeintlichen „Mainstream-Prostituierten“ zerreißen.

Dabei ist Cro bei weitem nicht der Erste, der Wege abseits des Gangsta-Rap suchte und damit einen Nerv traf. In Amerika ist es spätestens seit Kid Cudi und Lupe Fiasco, aber eigentlich schon seit Pharrell Williams und Kanye West, Gang und Gäbe, dass auch Rap-Künstler erfolgreich sind, die nicht von Shoot-Outs und Kokain-Deals berichten, sondern Musik schaffen, mit denen sich der Otto-Normal-Hörer identifizieren kann. Und auch in Deutschland zeigten bereits Künstler wie die Orsons und nicht zuletzt Casper, dass Rapmusik mit teilweise poppigen Melodien und ohne Muttergeficke funktioniert. Warum also die ganze Aufregung?

Cros Musik, sein junges Alter, seine „Normalo“-Herkunft und sein „Über-Nacht“-Erfolg bieten sich an, ihn als fleischgewordene Antithese zum sonstigen Deutschrap der letzten Jahre zu inszenieren, welcher für die meisten Medien offenbar nur aus Bushido, King Orgasmus One und alten Liedern von Sido bestand. Schlagzeilen wie „So ganz ohne Penis“ geistern derzeit umher und erklären die unterdrückende Schreckensherrschaft der gewaltverherrlichenden Gangsterrapper für beendet. „Die Freundlichen bekommen im deutschen HipHop immer eins aufs Dach, das war schon bei den Fantastischen Vier oder Fettes Brot so.“, erklärt der Spiegel, „Aber dagegen hat sich Cro gewappnet.“.

Dass Cro sich in dieses Bild rücken lässt, zieht Antipathien auf sich. Der Erfolg des Panda-Rappers wird praktisch gleichbedeutend mit der einseitig simplifizierenden medialen Darstellung einer ganzen Szene. Die Lobhudelei durch Falk und Jan Delay und anderen Hiphop-Institutionen hat ihr Übriges dazu beigetragen, weshalb Teile der florierenden deutschen Raplandschaft, die Cro doch zukünftig anzuführen auserkoren wurde, sich scheinbar gegen ihn wenden.

Die Bildzeitung fragt obendrauf, „Ob er auch die Stuttgarter Hip-Hop-Szene, die in den 90er-Jahren mit Fanta 4, Freundeskreis und den Massiven Töne ihre Hoch-Zeit zelebrierte, wieder aufleben lassen kann?“.

Dabei wird von Seiten des Chimperator-Managements versucht, ihr neustes Zugpferd vor dem Schicksal vieler musikalischer Eintagsfliegen der Vergangenheit zu schützen und aus dem Hype eine nachhaltige Begeisterung für den 19-jährigen zu generieren. In diesem Sinne wurden die geplante gemeinsame Tour mit Wegbereiter Casper und diverse TV-Auftritte abgesagt, um mehr Zeit in die Albumproduktion zu investieren.

Ob man sich Cros Gute-Laune-Rap demnächst auf Albumlänge anhören möchte oder nicht, bleibt jedem selbst überlassen. Mit dem Titel „Raop“ (Rap+Pop=Raop) dürfte jedoch erkenntlich sein, dass dem Schwaben die derzeitige Distinktion zwischen ihm und dem Rest der Szene zumindest bewusst ist.