Rassismusdebatte um Young Thug: Seine Songtexte sollen Beweismittel werden

Von Erpressung über illegalen Waffen- und Drogenbesitz bis hin zu Raubüberfällen, schwerer Körperverletzung und Auftragsmord – das alles sind Anklagepunkte, welchen sich Rapper Young Thug und sein Label Young Stoner Life vor Gericht stellen muss. Seit Mai 2022 befindet sich der Grammy-Gewinner in Haft, und der Prozess hat nun im Bundesstaat Georgia begonnen.

Die Staatsanwaltschaft setzt dabei schwer auf die Verwendung von Songtexten als Beweismittel, und im Falle eines Erfolgs droht Young Thug eine lebenslange Haftstrafe. Dazu gehören Zeilen aus Young Thugs Songs wie „730“, „Tick Tock“, „Slime Sh*t“ und vielen anderen, wie das XXL-Magazin berichtet.

Die Anklage betrachtet die Darstellung von Straßenkriminalität in den kreativen Werken der Gang nicht nur als künstlerische Attitüde, sondern als mögliche Beichte über begangene Verbrechen.

Diese Herangehensweise löste in den USA bereits jetzt eine Debatte über Kunstfreiheit und Rassismus im Justizwesen aus. Die Frage, ob kreative Freiheit in dem Sinne ein Privileg für weiße Menschen in den USA sei, wird durch den Fall präsent, ist aber keine Neuerscheinung. Prominente Fälle wie der von Snoop Dogg, dem während seines Prozesses der Song „Murder Was the Case“ vorgespielt wurde, oder der von No Limit-Rapper, der aufgrund seiner Rap-Lyrics zu einer langen Haftstrafe verurteilt wurde, zeigen, dass dies in den USA bereits häufiger praktiziert wurde.

In Deutschland ist die Situation anders, und Rap-Lyrics werden nicht in gleichem Maße vor Gericht verwendet. Die breite Öffentlichkeit in den USA wurde nun erstmals durch das Verfahren gegen die YSL-Crew darauf aufmerksam, besonders da mit Young Thug einer der großen Namen der US-Rapszene betroffen ist.

Unter dem Hashtag #blackartontrial haben sich im Herbst 2022 prominente Persönlichkeiten des US-Musikbusiness in einem offenen Brief in der New York Times solidarisiert, darunter 50 Cent, Alicia Keys, Megan Thee Stallion und Drake. Sie betonen, dass kreative Äußerungen im Rap nicht als Beweismittel vor Gericht dienen sollten und kritisieren die zunehmende Praxis, Rap-Lyrics gegen Künstler*innen zu verwenden. Warner Records und andere große Namen der Musikindustrie haben die Petition ebenfalls unterstützt. Sie argumentieren, dass Rap eine Form der Kunst sei, genauso wie jede andere Form von Lyrik oder Prosa, und dass das Prinzip der Kunstfreiheit nicht verletzt werden dürfe.

Es gibt auch erste legislative Schritte in einigen Bundesstaaten, die die Verwendung von Rap-Texten als Beweismittel einschränken. New York hat ein Gesetz verabschiedet, das dies regelt, und Kalifornien hat bereits ein ähnliches Gesetz in Kraft gesetzt. Im Fall von Young Thug bleibt jedoch abzuwarten, ob die Rap-Lyrics tatsächlich das Urteil beeinflussen werden, da diese Gesetze in Georgia nicht gelten. Das Verfahren könnte bis zu zwölf Monate dauern, und das Thema wird das US-Musikbusiness noch eine Weile beschäftigen.