"Dirty Little Secrets": Spotify und Eventim unter der Lupe

Das Thema Streaming ist immer wieder ein viel-diskutiertes, ob Fake-Streams, unfaire Bezahlung oder undurchsichtige Playlisten-Platzierungen. Spotify bietet viele Angriffspunkte. Der BR beschäftigt sich in seiner neuen dreiteiligen Doku-Serie namens “Dirty Little Secrets” mit den Machenschaften des Streaminganbieters aus Schweden, wobei die letzte Folge auch einen Blick auf das Geschäftsmodell von Eventim aus Deutschland wirft.

Anfangs wird die Entwicklung auf dem Musikmarkt noch mal grob zusammengefasst: vom CD-Markt, über illegale Downloads bis hin zum Streaming-Markt, wie man ihn heute kennt. So wird u.a. herausgearbeitet, das weltweit jedes dritte Musik-Streaming-Abo eins von Spotify ist. Dahinter liegen Apple und Amazon mit jeweils ca. 15% Anteil. Weiter wird festgestellt, das die einst angeschlagenen Branche aktuell mehr Geld einbringt, als jemals zuvor. Doch bei vielen Künstler:Innen kommt davon scheinbar nicht viel an.

Im zweiten Part geht man dem Phänomen des „Geistermusikers“ auf den Grund. Als Paradebeispiel dient dafür ein schwedischer Musiker, der unter diversen vermeintlichen Künstlerpersonen Musik veröffentlicht. Diese sind verifiziert und weisen sogar ausgedachte Biografien auf. So schlüpft der Schwede zum Beispiel in die Rolle einer jungen Pianistin aus Paris, inklusive Stockfoto als Profilbild und generiert Millionen von Aufrufen auf „ihre“ Songs, da Spotify sie prominent in ihren Instrumental-Playlisten platziert. Es werden Verknüpfungen zwischen einem schwedischen Label, welches „Geistermusiker“ betreut und der Chefetage von Spotify hergestellt.

Neben dem dokumentarischen Teil, gibt es auch eine Art Roundtable, den die Künstlerin Balbina zusammengestellt hat und an dem u.a. Maeckes, Chefket, Rocko Schamoni, Jennifer Weist und Peter Maffay sitzen. Dabei sprechen die Artists u.a. über ihre Erfahrungen mit dem Streaminganbieter und ob sie davon leben können.

Von Spotify hat sich Conny Zhang, Head Of Music, für ein Interview bereitgestellt. Diese gibt leider gekonnt wenig Informationen heraus, das eine oder andere könne man eben auch „philosophisch“ betrachten. Wieviel Geld braucht man zum Leben? Ab wann ist ein Artists ein Artist? Auch Beyoncé benutze schließlich andere Künstleridentitäten wie „Sasha Fierce„. Vielleicht etwas hinkend dieser Vergleich, zumal Beyoncé unter diesem Alias keine „Geister-Musik“ veröffentlichte, sondern auf Alben offen mit dieser Rolle spielte.

Neben der Gesprächsrunde, wird auch die Band OK Kid öfters besucht. Das Trio rechnet vor, wieviel Geld es mit ihrer Musik verdient. So habe die Band mit ihrem Hit „Gute Menschen“ aus 2015, der gut 10 Millionen Stream verzeichnen kann, ca. 40.000 Euro eingespielt. Immer wieder wird auch festgestellt, dass neben den Streamingservices auch die Labels ein großes Problem darstellen, da sie überhöhte Prozente einkassieren.
Im Livegeschäft ist das ähnlich. Von den 36 Euro, für die ein Ticket der Band ca. verkauft wird, laden am Ende 14 Euro bei der Gruppe, die diese noch mit ihrem Liveteam aufteilen muss. Ca. 6 Euro landen bei Eventim.

„Ich sag’s, wie’s ist: Die Öffentlichkeit weiß nicht, dass unsere Firma geklaut wurde.“

Smudo, der in diesem Leben wohl kein Sympathie-Träger mehr wird, gibt an, dass er seine Spotify-Abrechnungen gar nicht mehr angucke, da so wenig dabei rumkomme. Im dritten Teil spielt der Fanta Vier Rapper eine größere Rolle. Hier geht es primär um Eventim und das Wachstum des Ticketverkäufers. So ist eine Partnerschaft zwischen Four Artists, der Booking-Firma der Gruppe, und Eventim geplant. Diese kommt wegen des Kartellamtes nicht zu Stande. Im weiteren Verlauf verlässt der Geschäftsführer Four Artists mit zahlreichen Mitarbeitern und gründet eine neue Booking-Firma (All Artist Agency), zu der auch ein großer Teil der Artists wechselt. Es stellt sich raus: Diese neue Unternehmung gehört zum Großteil Eventim. Smudo fühlt sich betrogen und vermutet geheime Absprachen, Eventim äußert sich nicht und ein Strafverfahren wurde eingestellt, das zivile läuft noch.

Es bleibt festzuhalten: Im Musik- und Live-Geschäft liegt der Fokus auf dem Geschäft von Leuten, die selbst meist keine Musik machen und viele, vor allem kleinere, Künstler:Innen leiden unter diesem System. In der Deutschrap-Bubble kann man aber auch sehen, dass es im Vergleich zu 2013 viel mehr Protagonisten scheinbar gut von ihrer Musik leben können. Oft sprechen Rapartists von ihren starken Streamingzahlen und lassen verlauten, dass sie „Spotify-Millionäre“ geworden sind. So wird vielleicht der Eindruck getrübt. Denn ein Großteil wird eben nicht prominent platziert und will vielleicht nicht den Zeitgeist von 2-Minuten-Liedern treffen.