Fler: "Ich wäre im amerikanischen Rap mehr angesehen"

Nachdem er vor etwa anderthalb Wochen sein Album „CANCEL CULTURE NIGHTMARE“ gemeinsam mit Bass Sultan Hengzt droppte, trifft sich Fler nun zum Interview mit Serdar Somuncu um neben der Musik etwa über seine Vergangenheit, HipHop in Deutschland, sein Verständnis von Kunst und Bushido zu sprechen.

Was direkt auffällt: Das Gespräch ist ein Schlagabtausch auf Augenhöhe. Neben ironischen Sticheleien und Witzen können beide Parteien ernst und ehrlich miteinander reden. „Der Typ löst in einem den Reiz aus, sich über ihn lustig zu machen“, so Somuncu nach einigen Minuten gegenüber Fler. Im nächsten Atemzug betont er jedoch, dass er gleichzeitig merke, dass der Rapper auch „schnell in der Birne sei und „sensibel“ seine Umwelt wahrnehme.

Kriminalität und Unglaubwürdigkeit im HipHop

Gleich zu Beginn wird über Kriminalität gesprochen, vor allem im Bezug auf Rap. Fler ist unter anderem wegen Körperverletzung, Beleidigung und Sachbeschädigung mehrmals vorbestraft. „Wir waren Kriminelle“, erzählt er. Der West-Berliner sei schon früh mit HipHop und „der Straße“ in Berührung gekommen. Auf die Frage, ob es eine Auszeichnung wäre, als Rapper gesetzeswidrig zu handeln, antwortet er: „Wenn du über kriminelle Sachen rappst, solltest du wissen, worüber du redest.“ Es sei sonst unglaubwürdig und nicht ernst zu nehmen.

Dabei kommt schnell das Thema auf, wer aktuell der unglaubwürdigste Rapper sei. Fler antwortet schnell: Bushido. Der langjährige öffentliche Beef sei dem Berliner zeitweise sogar unangenehm gewesen, was vor allem daran liege, dass sich die beiden seit ihrer Jugend kennen. Doch die Frage, ob man ihn nicht einfach anrufen und mit ihm reden könne, verneint er klar: „Bei ihm [geht das] nicht.“

Künstlerdasein

Authentizität oder eine spannende Lebensgeschichte reichen alleine natürlich nicht, man müsse zusätzlich eben auch ein guter Artist sein: „Es gibt viele Leute, die sind krass, aber die können’s nicht geil transportieren in der Musik, was bringt das“, so der „CCN“-Artist weiter. Er selbst habe sich schon früh als Künstler gesehen und wurde auch als solcher wahrgenommen. Bereits als Kind habe Fler viel gemalt, später folgten Graffiti und schließlich Rap: „Ich mache mein Ding und meine Kunst.“ Zu der Frage, ob er nicht manchmal zu selbstzentriert sei, hat er eine klare Meinung: „Du musst ein Egoist werden, wenn du von der Straße kommst und erfolgreich sein möchtest.“

Fler selbst wuchs lange Zeit im Heim auf. Der Vater verließ die Familie früh, seine Mutter verstarb als er noch ein Kind war. Er sei mit sieben Jahren das erste Mal in Therapie gegangen, mit 13 folgte der erste Aufenthalt in einer psychiatrischen Klinik. Somuncu fragt nach einer Wut, die sich über die Jahre aufgrund Ereignisse wie dieser angestaut habe. Fler bejaht und erklärt, dass genau diese Wut ihn antreibe, sie vor allem aber auch daher rühre, dass viele Leute Rap und dessen Hintergründe nicht verstehen würden.

HipHop in Deutschland

Auch deshalb sehe sich der Artist eher in den USA: „Ich wäre wahrscheinlich im amerikanischen Rap mehr angesehen“. Aufgrund seiner Vorstrafen dürfe er jedoch seit zehn Jahren nicht in das Land einreisen, ansonsten wäre er vielleicht schon ausgewandert.

In Deutschland gäbe es von einem Großteil der Gesellschaft wenig Verständnis dafür „warum wir so sind wie wir sind“, so Fler. HipHop und Deutsche seien laut des Rappers generell nicht kompatibel. Dennoch nehme er in Kauf, missverstanden zu werden, denn ihm sei es vor allem wichtig, sich selbst treu zu bleiben: „Ich will ja nicht irgendwie was darstellen, wo ich dann Nachts, wenn ich im Bett liege, weiß, das bin ich nicht.“ 

Hier könnt ihr euch das komplette Interview anschauen:

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