Bushido: "Alle realen Gangster-Rapper sind nicht erfolgreich"

„Heute bin ich wahrscheinlich ein nettes Arschloch“: Bushido spricht im Interview mit Falk Schacht über seine Familie, Vergangenheit und Kindheitstraumata, Therapie und den Unterschied zwischen Anis Ferchichi und der Kunstfigur Bushido. Er erklärt den den Weg von seinem damaligen bis zu seinem heutigen Ich und wie er Menschen und das deutsche HipHop-Game zu seinen Gunsten manipuliert hat. Vor allem der Wandel vom Gangster-Rapper zum Familienvater unter Polizeischutz wird von diversen Deutschrap-Anhängern kritisiert – Bushido erläutert, wie es dazu gekommen ist.

Eine Aussage des Künstlers wiederholt sich im Laufe des Interviews immer wieder: Die Rapwelt sei für ihn nicht real. Auch deshalb gehe dem Familienvater Beef größtenteils nicht nahe. Ganz im Gegenteil: Er belustigt ihn. „Ich kann Kritik nicht ernst nehmen, wenn persönliche Interessen dahinter sind“, so Bushido. Als er kurz die Auseinandersetzungen zwischen Fler und ihm anschneidet, fügt er hinzu: „Ich mache absichtlich genau so weiter“, und spricht dabei seine eigenen Sticheleien an. Er wüsste, dass dies seinen Gegenüber triggern und „jedes Ende auf ihn finden“ würde. Bushido sehe sich selbst am längeren Hebel, wenn es um Hater geht: „Die jucken mich nicht die Bohne. […] Ich würde mich niemals bei denen entschuldigen.“

Auf der anderen Seite bedeutet diese Irrealität für ihn aber auch das Unterscheiden zwischen Bushido und seinem eigentlichen Selbst, Anis Ferchichi. „Es ist wichtig auch mal nach Hause zu gehen und dann eben nicht der perfekte Typ zu sein, schwach zu sein, sich hinzusetzen und zu sagen: ‚Ich kann gerade nicht'“ so der Rapper. Er habe heute nicht mehr den wirtschaftlichen Druck, das Image der Kunstfigur Bushido aufrechtzuerhalten. Auch deshalb äußere er sich mittlerweile offen gegen homophobe oder polizeifeindliche Aussagen, welche früher fester Bestandteil seines Rufes waren. Die Dokumentation „Unzensiert – Bushido’s Wahrheit“ diene unter anderem dazu, dass Hörer*innen sich über den Menschen hinter dem Rapper informieren und erkennen können, dass das zwei Personen mit unterschiedlichen Werten seien. Die Kunstfigur soll weiterhin bestehen können, Bushido möchte privat jedoch gleichzeitig einen guten Einfluss auf seine Kinder haben und als Vorbild fungieren.

Zu Aggro Berlin-Zeiten sei ebenfalls niemand hundertprozentig real und auch deshalb sei sein damaliges Image so wichtig gewesen: „Alle realen Gangster-Rapper sind nicht erfolgreich. […] Entweder sind Rapper so unerfolgreich, dass sie halt einfach komplett ehrlich sein können […] oder, sie haben so viel zu verlieren und können sich gar nicht der Wahrheit stellen.“ Bushido zeigt sich mittlerweile jedoch ehrlich und habe sich laut eigener Aussage vor der Öffentlichkeit „nackt ausgezogen“. Dennoch beantwortet er die Frage, was er auf seinem kommenden Album machen würde, mit „Mütter ficken“, was darauf schließen lässt, dass Fans weiterhin Gangster-Rap erwarten können. Wie also der wirtschaftliche Erfolg seiner Musik in Folge des offenen und ehrlichen Umgangs mit eigenen psychischen Problem, Verletzlichkeit, Zusammenarbeit mit der Polizei und der allgemeinen, im Gegensatz zu dem einstigen Gangster-Image, komplett konträren Darstellung der eigenen Person aussieht, wird sich in Zukunft zeigen. Eins steht für Bushido jedoch fest: „Die Musik wird das erste sein, was dann irgendwann auch ihr Ende finden wird.“

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