Shirin David: NDAs & keine Credits für Writer*innen?

Nachdem Shirin David am vergangenen Sonntag ihre „Babsi Bars“ auf YouTube veröffentlichte, hagelt es im Internet unter anderem von Writerin Yasmin Ayhan Kritik. „In meinen Augen bist du keine Künstlerin, du bist eine Performerin. Du machst nichts. Du schreibst weder die Texte selbst noch machst du die Konzepte zu den Videos“. Via Instagram prangert Yasmin Ayhan die angeblich schlechten Arbeitsbedingungen in Shirins Umfeld an. Writer*innen würden nicht nur unzureichend bezahlt, sondern erhielten auch kaum Credits und würden dazu gezwungen, strenge Verschwiegenheitsklauseln (sogenannte NDAs, englisch für non-disclosure agreements) zu unterschreiben. „Ein Ghostwriter schreibt dir nicht nur deinen Text, er performt das auch noch für dich, also er performt es ins Mic rein und du musst es nur nachmachen, das ist deine Aufgabe. Nicht mal der Flow ist von ihr selbst, nichts ist von ihr […]“.

Unzureichende Bezahlung, fehlende Credits und NDAs: Via Instagram bezieht Shirin David zu diesen „sehr unschöne[n] und geisteskranke[n] Vorwürfen“ Stellung. In ihren Stories teilt sie einen Screenshot. HIPHOP.DE habe sie kontaktiert, um ihr die Möglichkeit zu einem Statement im Bezug auf die im Raum stehenden Vorwürfe zu geben. Shirin nutzt diese Aufforderung als Anreiz, sich selbst zu den Anschuldigungen zu äußern. Statt ihre Aussagen über eine fremde mediale Plattform zu releasen, nutzt sie dazu ihren eigenen Account. „Ihr werdet mich immer testen und ihr könnt mich so oft testen, wie ihr wollt, weil ihr versucht mich jedes Mal als Hurensohn darzustellen und Girl, der bin ich einfach nicht, egal, was du dir da einredest.“ Daran, nach jedem Release öffentlich in irgendeiner Weise kritisiert zu werden, habe sie sich bereits gewöhnt.

„Bei mir unterschreibt jeder Mensch, mit dem ich arbeite […], ein NDA“. Der Grund dafür sei, dass sie sich wohlfühlen wolle. Dazu sei diese Absicherung nötig. „In diesem Business, wo man sich quasi mit Bro-fist begrüßt und alles sehr cool ist und alles auch auf Augenhöhe stattfindet […], muss man trotzdem dafür sorgen, dass gewisse Sachen, die ich privat von mir gebe, einfach sehr vertraulich bleiben.“ Sessions könnten unter Umständen sehr emotional werden. Diese emotionalen Momente seien sehr intim und auch als solche zu behandeln. NDAs, die laut Shirin in anderen Ländern wie z.B. den USA absolut gängige Praxis seien, seien für sich eine Art Selbstschutz. Schließlich wolle sie sicher stellen, von den Menschen aus ihrem engen Arbeitsumfeld nicht öffentlich exposed zu werden. „Es geht nicht darum, bei NDAs irgendwie Leuten den Mund zu verbieten […]“. Außerdem zwinge sie niemanden dazu, eine Verschwiegenheitserklärung zu unterschreiben, eine Zusammenarbeit mit ihr sei aber ohne NDAs nicht möglich. NDAs seien für Shirin einfach eine „Respektsache“, die lediglich die Vertraulichkeit einer Zusammenarbeit offiziell machten und damit in ihren Augen ganz klar Teil des Business.

Besonders die Vorwürfe, die Writer*innen würden unter schlechten Bedingungen mit Shirin zusammenarbeiten, scheinen ihr sehr nahe zu gehen und sie persönlich betroffen zu machen. „Jeder, der mit mir arbeitet, arbeitet freiwillig mit mir […]. Bei mir muss sich jeder wohlfühlen und bei mir muss jeder Bock haben, um nice Songs zu machen“. Shirin sei die erste Person in Deutschland gewesen, die schon zu Anfang ihrer Karriere klar gemacht hatte: Beim Texten greift sie auf die Skills von Ghostwriter*innen zurück. Laut eigener Aussage liegen die meisten GEMA-Rechte an ihrem ersten Album „SUPERSIZE“ beim Writer – und genau dafür habe sie sich persönlich eingesetzt. Bei mir wird jeder bezahlt, jeder Mensch wird bei mir bezahlt. Ich komme von zu Hause, wo wir nichts hatten, und ich wäre der größte Bastard, wenn ich meine Leute nicht bezahle, das liegt nicht in meiner Natur, das liegt nicht in meinem Blut und das liegt nicht in meinen Werten und meinen Prinzipien […]“. Obwohl sie schon seit den Anfängen ihrer musikalischen Karriere offen über Ghostwriting spreche, sei sie bis zum Release von „Babsi Bars“ meist nur auf ihr Aussehen und die Werte reduziert worden, die sie dadurch nach außen hin zu vertreten scheine. Shirin versucht trotz allem, Verständnis für ihre ständigen Kritiker aufzubringen : „Da kommt einfach ’ne YouTuberin, die sieht so aus, wie sie aussieht und ist einfach erfolgreich in einer neuen Branche, die einfach so anti das ist, wofür ich stehe, ich versteh‘ schon, dass ihr eure Macken bekommt, aber deswegen lass‘ ich mich nicht verarschen […]“.

Zum Abschluss richtet Shirin noch ein paar klare Worte an das Team von HIPHOP.DE: Wann fragt ihr andere große Rapper, männliche Rapper, nach ihren Ghostwritern, wie viel sie ihnen bezahlt haben und warum es immer noch Rapper gibt, die ihren Writern keinen einzigen Cent bezahlt haben, keine GEMA-Rechte gegeben haben und warum diese Frage immer nur und immer, immer wieder bei mir landet. Und für die Leute, die in Zukunft immernoch mir irgendwelche Vorwürfe machen werden, weil das werdet ihr immer und immer wieder tun, seid wenigstens PC, falls ihr überhaupt wisst, was das bedeutet. Hört auf, Frauen zu slutshamen, hört auf, mich zu bodyshamen und hört auf, rassistische Sachen von euch zu geben, weil Sis, wir haben das Jahr 2020.“

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