badmómzjay: Entschuldigen ist gut, Zeichen setzen besser

Vergangenen Freitag veröffentlichte badmómzjay ihren Track „Snowbunny“. Ein Song, den sie schon lange mit einer Hörprobe angeteased hatte und auf den sich ihre Fans ganz besonders freuten. Nach dem Release wird sie dann aber plötzlich kritisiert. Und das auch zurecht. Warum „Snowbunny“ Rassismus reproduziert und warum sie den Track löschen lassen sollte.

Das Problem 

„Snowbunny“ ist gerade Mal der fünfte Solorelease in der Karriere der 17-jährigen Rapperin badmómzjay. Es ist der erste Track, der auf Gegenwind stößt. Aber warum?

Der Hauptkritikpunkt an „Snowbunny“ ist, dass der Track nach Meinung vieler BPoC (Black and People of Color), „schwarze Menschen fetischisiert.badmómzjay reduziere in dem Track schwarze Menschen auf ihre Sexualität. Dadurch werden BPoC zum Objekt der Begierde einer weißen Frau. Darin spiegelt sich eine rassistisch geprägte Sicht von Weißen auf BPoC, innerhalb derer sich weiße Menschen BPoC zur Erfüllung ihrer Lustvorstellungen aneignen dürfen. Durch Objektifizierung stellt der „Snowbunny“ (umgangssprachlich für eine weiße Frau die auf Schwarze Männer steht) den Körper von BPoC in den Vordergrund. Den Willen der Person setzt er im Vergleich zur sexuellen Anziehungskraft, die die Person auf den „Snowbunny“ auswirkt, herab.

Zudem nutzt sie Vokabeln wie „Milkshake Farbe Chocolate„, „Cappuccino Topping Caramel“ und „Gib der Kitty Milch, dippe Oreos„. Das alles sind Fremdbezeichnungen und Beschreibungen für die Hautfarbe Schwarzer Menschen einer Weißen Frau. Fremdbezeichnungen die von der Black-Community, als  entmenschlichend zum größten Teil abgelehnt werden. Kurz gesagt: Hautfarben sind kein Essen.

Genauer beschreibt das alles Twitter User @Afroking97 in einem Thread, den er kurz nach Release von „Snowbunny“ veröffentlicht:

Auch Antirassisten können rassistisch sein 

Aber nicht falsch verstehen: badmómzjay ist sicher keine Rassistin. Mit ihren 17 Jahren ist sie zudem reflektierter als manch anderer. Wer sie verfolgt, der weiß das auch. Immer wieder macht sie sich für BPoC stark. So zeigte sie sich beispielsweise auf der Black Lives Matter Demonstration in Berlin, formuliert kritische Texte in ihrer Instagram Story und scheint (im Gegensatz zu vielen anderen Rappern) zu wissen, dass sie von einer Kultur profitiert, die von BPoC etabliert wurde. Auch nach der Kritik an „Snowbunny“ veröffentlichte sie eine Entschuldigung.

Das alles bedeutet aber nicht, dass sie mit dem Track nicht rassistische Verhaltensweisen reproduziert hat.“Ich bin kein Rassist, also kann ich mich nicht rassistisch verhalten„, schlägt in die gleiche Kerbe wie „ich kann nicht rassistisch sein, ich habe nämlich auch Schwarze Freunde“. Beide Argumente zeugen lediglich von Unkenntnis darüber, was Rassismus bedeutet und wie er funktioniert. Wir müssen verstehen, dass Rassismus keine spezifische Charaktereigenschaft ist, die nur ein paar Menschen in Deutschland beziehungsweise auf der Welt besitzen. Rassismus ist systematisch. Das bedeutet wir haben ihn alle in uns. Punkt. Nur wenn wir einsehen und verstehen, dass es in einer rassistischen Welt nicht möglich ist vollkommen unrassistisch zu sein, lässt sich Rassismus besiegen. Dazu müssen aber vor allem wir als weiße Menschen unser eigenes Verhalten immer wieder reflektieren. Das hat badmómzjay mit ihrer Entschuldigung zwar ein Stück weit getan, allerdings nicht konsequent genug.

Fraglich bleibt vor allem die Rolle der Personen hinter badmómzjay

Dass der Track in dieser Form ein Fehler war, sollte klar sein. Genauso ist klar, dass es falsch ist die ganze Schuld dafür bei badmómzjay zu suchen. Wie gesagt, mit 17 Jahren kann niemand perfekt sein. Hinter der Songidee, der Umsetzung und der  Entscheidung den Track zu veröffentlichen stehen noch eine Reihe weiterer Personen. Angefangen mit dem Label Universal, das offensichtlich das „go“ gab, über die Songwriter, denen der problematische Inhalt des Textes offenbar nicht aufgefallen ist, bis hin zum Director des Videos, der badmómzjay in der Rolle des „Snowbunnys“ inszeniert hat. Das alles sind Personen, die weitaus älter sind als badmómzjay. Ihre Aufgabe wäre es gewesen einzugrätschen. Dass gerade in diesen Zeiten und gerade bei diesem, im Moment hochpolitisierten Thema, die Entscheidung getroffen wurde den Song zu veröffentlichen war ein Fehler, für den nicht nur badmómzjay zur Verantwortung gezogen werden darf.

Trotzdem: Konsequent wäre es den Song zu löschen.

Dass sich badmómzjay für ihren Song entschuldigt hat, zeugt zunächst einmal von Größe. Das hätte sicher nicht jeder getan. Trotzdem muss sie sich auch hierfür kritisieren lassen. Denn mit dem Satz „Ich wurde falsch verstanden“ gibt sie die Schuld  (wahrscheinlich) unbewusst an diejenigen ab, die sich von ihrem Track verletzt fühlten. Sie sucht nach einer Rechtfertigung für ihren Song. Das ist verständlich, aber nicht zielführend. Denn wenn sich Menschen rassistisch angegriffen fühlen, dann geht es nicht mehr danach sein eigenes Verhalten zu rechtfertigen und es geht auch nicht darum Menschen zu finden, die sich auch angegriffen fühlen könnten, sich aber nicht angegriffen fühlen und diese als eine Art Schutzschild zur Rechtfertigung der eigenen Fehler zu nutzen. Wie es badmómzjay beispielsweise im Falle eines der Models aus dem Video getan hat. Nehmen badmómzjay und ihr Umfeld die Gefühle von BPoC ernst, dann führt in letzter Konsequenz kein Weg daran vorbei den Song von allen Plattformen zu löschen. Als Zeichen dafür, dass es im Deutschrap auch Platz für Kritik und Leute mit Willen zu einer gerechteren Gesellschaft gibt. Zu denen badmómzjay auf jeden Fall zählt. Entschuldigen ist cool, Zeichen setzen besser.

Kommentar von Jonas Weinmann