Schwuler Bonez Fan fühlt sich beleidigt - braucht es noch diese Wortwahl?

Auf Instagram wurden wir heute morgen von einem User markiert, der den neuen Bonez MC Song „Shotz Fired“ musikalisch als Meisterwerk bezeichnet, sich aber persönlich verletzt fühle, da er schwul ist. Auch wir haben das Video dazu gepostet.
Auf dem Song rappt der Hamburger:

Eine in dein Bein, boom, Shots fired (Duh)
Gruß an meinen kleinen Bullen-Nuttensohn aus Bayern
Sag, du bist nicht schwul (Hah), bist du Meier
Pack ma‘ lieber wieder deine Hand an meine Eier (Schwuchtel)

In der Instastory hieß es u.a. „Wer gibt einem anderen Menschen das Recht, über die Lebensweise anderer so abwertend zu urteilen?

Die Zeilen sind klar homophob. Hier muss glaub ich wenig diskutiert werden. Die Frage, die sich stellt ist, warum rappt man 2020 noch so klar schwulenfeindliche Zeilen. Braucht einer der erfolgreichsten deutschen Rapper ein „Schwuchtel“ als Ad-Lip, um den Eier-Meier Reim rund zu machen? Oder muss dem Klischee der homophoben Dancehall-Musik gefolgt werden? Reicht der ständige Vorwurf der Frauenfeindlichkeit nicht?

Es geht hier gar nicht darum, sich als Sprachpolizist aufspielen. Wie gesagt, wir haben das Video gepostet, scheinbar hat sich in der Redaktion an den Zeilen auch keiner gestört oder sind nicht aufgefallen. Die Musik, die wir hören ist prallgefühlt mit Bitch, Hoe und Slut, dennoch findet man das Wort „faggot“ seltener in aktueller amerikanischer Musik. Auch in Deutschland hört man das Wort nur noch selten. Schade also, dass so ein erfolgreicher und von vielen gefeierter Song, nun wieder diese Schwäche aufweist.

Offset, Teil der Rapformation Migos, rappte 2017 auf dem Song  „Bosslife

Pinky ring crystal clear, 40k spent on a private Lear
60k solitaire
I cannot vibe with queers

Es folgten viele Beschwerden über die vermeintlich queerfeindliche Line. Offset entschuldigte sich auf Instagram.
To me that “queer” I don’t mean someone who’s gay. I mean lame people who film you, post it and stalk you. Lingo that means strange or odd. I M S O R R Y I A P O L O G I Z E I’m offended I offended anybody.

2018 disste Eminem Tyler, The Creator auf dem Track „Fall„, nachdem dieser zuvor seine aktuelle Musik kritisiert hatte.

Tyler create nothin‘, I see why you called yourself a f*****, bitch
It’s not just ‚cause you lack attention
It’s because you worship D12’s balls, you’re sack-religious
If you’re gonna critique me
You better at least be as good or better

Das Wort faggot wurde zensiert. Später im Interview sagte er „In my quest to hurt him, I realize that I was hurting a lot of other people by saying it (…) It was one of the things that I kept going back to and going ‚I don’t feel right with this‘.„. An dieser Stelle sollte noch erwähnt sein, dass Eminem seit Beginn seiner Karriere für seine vermeintlich schwulenfeindliche Lyrics kritisiert worden ist. 2001 überraschte er dann mit einem gemeinsamen Auftritt mit Elton John, der sein Freund wurde und ihm bei seiner Drogensucht half. Warum dann 17 Jahre später das Wort immer noch in seinem Rapwortschatz ist, bleibt fragwürdig. Zumindest stellt er sich öffentlich selbst in Frage. Der Diskurs über die Wortwahl scheint in den USA also teilweise wesentlich fortgeschrittener zu sein, als hier, denn wenn in den USA ein Rapper von den Kaliber von Bonez MC diese Zeilen gerappt hätte, gäbe es einen Shitstorm auf den sozialen Medien. Hier hört man relativ wenig. Vielleicht brauchen wir dafür aber auch erstmal einen Ilovemakonnen, Frank Ocean oder Kevin Abstract, denn im deutschen populären urbanen Kosmos hat Heterosexualität weiterhin quasi eine Monopolstellung.

Kommentar von yunjah.