"Alle gegen Bausa" - Keiner gegen Red Bull?

Gestern Abend war es wieder so weit. In Stuttgart fand zum vierten Mal der Red Bull Soundclash statt. Dieses Mal unter dem Motto „Alle gegen Bausa“. Und mit dem „Alle“, haben die Macher der Show nicht zu viel versprochen. Apache 207, Lena, Summer Cem, Juju, Azet und Zuna, Loredana, Rin, Maxwell und Joshi Mizu: Sie alle forderten den  Bausa in insgesamt sechs Runden zum Clash.

Der Brause Hersteller Red Bull setzt schon lange auf unkonventionelle Marketingaktionen wie diese. Musikfestivals, Extremsportarten, ein Typ der aus dem Weltall auf die Erde springt. Zusammenfassen lässt sich die Werbestrategie des Unternehmens unter dem Begriff des viralen Marketings: Red Bull versucht Content zu schaffen der innerhalb der Zielgruppe von selbst verbreitet wird. Und das funktioniert. Auch beim diesjährigen Soundclash. Die Hans-Martin-Schleyer Halle war mit über 14.000 Besuchern ausverkauft, weit mehr Menschen sahen das Event im Livestream zu Hause und auch auf Twitter ging der Hashtag #redbullsoundclash viral. Die Rapszene pusht den Verkauf der Marke Red Bull.

Der Mann, der hinter dieser Unternehmensstrategie steht, ist Dietrich Mateschitz. Er ist der CEO von Red Bull und gleichzeitig auch Gründer von Red Bull Records und der Red Bull Music Academy. Mateschitz ist aber nicht nur erfolgreicher Businessmann, Brausehersteller und Musikliebhaber. Er fiel in der Vergangenheit auch immer wieder durch rechtspopulistische Aussagen auf. 2017 spricht er sich in der Kleinen Zeitung gegen die Aufnahme von Flüchtlingen aus, fordert von Menschen, die sich für eine humane Asylpolitik einsetzen in ihrem Garten ein Zelt für „fünf Auswanderer“ aufzustellen und bejammert ein angebliches „Meinungsdiktat des politisch Korrekten“. Wollen wir uns als Rapszene mit solchen Werten solidarisieren? „Der Kopf gehört zum Körper“ titelte die TAZ im Oktober 2018. Und genau deshalb können der Red Bull Soundclash und Dietrich Mateschitz auch nicht getrennt voneinander betrachten werden. Sie hängen unweigerlich zusammen.

Aber auch unabhängig von Mateschitz macht Red Bull immer wieder mit problematischen Aktionen auf sich aufmerksam. Der Red Bull eigene TV Sender Servus TV gilt als „der Heimatsender des österreichischen Rechtspopulismus“.  Immer wieder werden Schlüsselfiguren der neuen Rechten vom Sender eingeladen. Einer dieser Gäste war beispielsweise Martin Sellner. Sellner ist Sprecher und prominenteste Figur der rechtsextremen Identitären Bewegung. Seine Strategie: Rechtsradikalismus wieder hip zu machen. Und dafür bot ihm Servus TV bereits mehrmals eine Bühne.

Das alles müssten gute Gründe für Hip-Hop Deutschland sein nicht gemeinsame Sache mit dem Konzern zu machen. Und trotz allem ist gestern gefühlt die halbe Szene zu Red Bull nach Stuttgart gepilgert. Nicht nur Rapper, auch Producer, Manager, Rapmedien und Fans. Auch wir haben schon über Veranstaltungen des Unternehmens berichtet. Red Bull ruft, die Szene folgt?

Dass es auch anders geht, zeigte vergangenes Jahr das Berliner Label und Künstlerkollektiv Live from Earth, bei denen unter anderem auch der Wiener Yung Hurn gesignt ist. Live from Earth zog die Teilnahme am Red Bull Music Festival aufgrund der Vorwürfe gegen Mateschitz zurück: „Leider gab es trotz vermehrter Aufmerksamkeit in den letzten Monaten kein klares Statement vom RB-Gründer selbst zu den Vorwürfen. Weiterhin hätten wir uns einen von RB initiierten öffentlichen Dialog über das Thema gewünscht“ heißt es im Statement der Berliner. Der gewünschte Dialog blieb auch nach der Absage aus. Red Bull versäumt es bis heute sich öffentlich klar gegen die Ansichten von Mateschitz zu stellen.

 

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Wir sind am Freitag nicht beim RBMF. Hier unser Statement dazu:

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Von solch einer klaren Kante war in Stuttgart nichts zu sehen. Weder Rapper noch Journalisten, Produzenten, Medien oder andere Figuren aus der Szene positionierten sich im Vorfeld klar gegen eine Zusammenarbeit mit der Firma. Kritik an Mateschitz oder Red Bull bleibt auf der Strecke. Das scheint gerade vor dem Hintergrund der letzten Wochen äußerst merkwürdig. Die Szene hatte eigentlich bewiesen, dass sie eben nicht jede Äußerung durchgehen lässt. Nach problematischen Aussagen zum Thema Sexismus im Deutschrap in einem Talkformat von HipHop.de wurde Prinz Pi Szene intern heftig kritisiert. Deutschrap schien sich vom Image der „Wir-tolerieren-jedes-noch-so-dumme-Statement-Szene“ langsam zu lösen. Auch die Vice lobte, „dass mittlerweile auf fragwürdige Aussagen von Rappern sofort reagiert wird“. Einen Monat später scheinen die guten Ansätze aber wieder vergessen.

Und so muss sich Rapdeutschland nun zumindest die Frage gefallen lassen, ob es sich tatsächlich mit Leuten wie Dietrich Mateschitz verbrüdern will. Man kann nur hoffen die Antwort darauf lautet klar und deutlich nein.

Geschrieben von Jonas Weinmann

Aktuelle Deutschraptracks findet ihr außerdem in unserer Playlist:

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