88Rising: Rich Brian, Harlem Shake und Systemkritik

In Zeiten der verschwimmenden Grenzen und der Globalisierung erfreut sich unser aller Lieblingsmusik ebenfalls an immer weiteren internationalen Kollaboration. Auch hier in Deutschland werden neue Wege gegangen. Egal ob Nimo den Balkan-Rapper Riska auf seinem Track unterstützt oder Ufo361 sich Quavo auf sein neuestes Projekt holt, es geht immer voran. Dabei werden die Fühler allerdings nicht nur in Richtung USA oder mal nach Frankreich ausgestreckt, der globale Teich an guten Hip Hop-Künstlern ist vermutlich größer denn je. Dabei kommt auch aus dem asiatischen Raum aktuell so einiges an Qualität zu uns rüber geschwappt. Um einen Einblick in den Sound aus dem Morgenland zu bekommen, sollte man mal einen Blick in die zauberhafte Welt von 88Rising werfen,  einem von Sean Miyashiro gegründeten Projekt, welches verschiedenste Künstler vereint.

Neben den im westlichen Raum bekannteren Artists wie Rich Brian oder Keith Ape verbergen sich weitere Perlen wie Joji oder die Higher Brothers hinter dem von Glück und Erfolg gesegneten Projekt. Anhänger der Reptiloiden-Theorie finden den Grund dafür allein schon im Namen, denn die Zahl 8 ist in Asien äußerst positiv konnotiert. Ähnliche Laute der Wörte Acht (ba) und Reichtum (fa) lassen das Herz eines asiatischen Geschäftsmannes am 08. August höher schlagen. Den Ursprung dieses rasanten Aufstiegs auf eine Glückszahl zu setzen wäre jedoch zu einfach. Es steckt nämlich harte Arbeit hinter diesem Projekt. Doch was genau ist 88Rising denn nun?

Die Antwort darauf lieferte der CEO höchstpersönlich in einem Interview bei Pitchfork: „Eine Menge Leute wundern sich: „Was genau ist 88Rising? Ist es ein YouTube Channel? Ist es eine Management-Agentur? Ist es ein Plattenlabel?““ Die Antwort darauf ist jedoch relativ simpel: „Es ist tatsächlich alles. Unser genereller Ethos ist, dass wir die Scheiße vorantreiben wollen. Wir denken uns nicht: „Hey, wir versuchen die Wahrnehmung der Leute, Asiaten gegenüber, zu verändern.“ Es passiert nur dadurch, dass wir am Leben sind.“ Getreu dem Motto „Gemeinsam sind wir stark“ wird dabei auch über die Grenzen der eigenen Nation geschaut. Miyashiro selbst ist koreanischer und japanischer Abstammung, Rich Brian stammt aus Indonesien, die Higher Brothers aus China, Keith Ape aus Südkorea und Joji aus Australien.

Der Einfluss des Australiers mit japanischen Wurzeln ist zwangsläufig jedem von uns über den Weg gelaufen. Der damals noch unter dem Namen Filthy Frank unterwegs gewesene Joji, ist nämlich der Erfinder des Harlem Shakes. Falls das jemandem kein Begriff sein sollte, findet ihr hier den Ursprung eines der wichtigsten Kulturgüter des einundzwanzigsten Jahrhunderts. Dies geschah im Rahmen seines YouTube Channels, welcher mittlerweile unter den Toten weilt. Neben ähnlich wahnwitzigem Content wie dem Harlem Shake gab es hier auch musikalische Einlagen. Aus anfänglichen, von Zigaretten begleiteten, Küchensessions zu Reisbällchen und Teriyaki entwickelte sich das Album „Pink Season“. Trotz der klar definierten humoristischen Note kam die Musikalität dabei nie zu kurz. Kein Wunder also, dass sich Filthy Frank verabschiedete und ein deutlich düsteres Ich zum Vorschein trat. Mit Joji erfand George Miller sich neu und sorgte bei seiner Fanbase für Verwunderung. Das offizielle Statement zum Imagewechsel gibt es hier nachzulesen:

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Nun widmet sich der Australier emotionalerer und melodischerer Musik, mit „will he“ wurde mittlerweile die 25 Millionen Klicks Marke geknackt. Dafür war kein Ganzkörperanzug aus Elastan notwendig. Dafür allerdings eine Wanne voller Blut. Ob einem der Imagewechsel nun gefallen mag oder nicht, es ist beachtenswert was für Erfolge der FilthyFrank mit solch unterschiedlichen Ansätzen erzielen konnte. Der vermeintlich deutschlandweit bekannteste Musiker des 88Rising Teams verkündete diese Jahr ebenfalls seinen Namenswechsel, doch dies geschah ohne dabei sein komplettes Image über den Haufen zu werfen. Die Rede ist hierbei von Rich Brian.

Der Indonesische Rapper konnte mit „Dat $tick“ einen äußerst impressiven Durchbruch feiern, welcher unter anderem durch ein „Rappers react to Rich Brian“-Video seine Viralität erlangte. Ein Remix mit Ghostface Killa und Pouya entstand, es gab ein Feature mit 21 Savage und das Debütalbum „Amen“ feierte am 02. Februar seine Veröffentlichung. Wer sich fragt, weshalb der junge Künstler so kurz vor Release seinen Namenswechsel bekannt gab, findet die Antwort im folgenden Statement von Brian Imanuel.

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In Bezug auf Viralität kommt man ebenfalls nicht um Keith Ape herum, welcher bereits Anfang 2015 mit „It G Ma“ die Ländergrenzen sprengte. Nach der Veröffentlichung ging die Underwater Squad Hymne durch die Decke und es folgte ein Remix, bei dem unter anderem A$AP Ferg und Waka Flocka Flame einen Part beigesteuert haben. Der Südkoreaner kollaborierte ebenfalls mit Amerikanern wie Ski Mask The Slump God oder XXXTentacion. Neben einem unverkennbaren Auftreten, einer prägnanten Stimme und treibenden Instrumentals zeichnet Keith Ape primär eins aus: Globalität. Der Großteil der koreanischen Künstler drückt sich ebenfalls auf Koreanisch aus. Keith Apes verstärkter Einsatz englischer Sprache trug jedoch einen nicht unwesentlichen Teil zu seiner steigenden Popularität bei.

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Vor einigen Jahren, war Keith Ape nämlich noch als Kid Ash bekannt und rappte primär als Teil des Hip-Hop Kollektivs The Cohort. Auf Tracks wie „Time“ oder „Helium“ legte Dongheon Lee, Keith Apes bürgerlicher Name, gemeinsam mit Künstlern wie Reddy oder Okasian den Grundbaustein für internationale Zusammenarbeiten.

Ein schöner Übergang ergibt sich hierbei, wenn man den Song „WeChat“ betrachtet. Dieser entstand nämlich als Kollaboration von Keith Ape und den Higher Brothers. Diese ist eine vierköpfige Crew, bestehend aus den Rappern DZknowPsy.PMelo und MaSiWei. Ihren Ursprung haben die vier jungen Herren in China, genauer gesagt in Chingdu, der Unterprovinzstadt Sechuans. Im Vergleich zu den anderen Interpreten könnten es die Higher Brothers noch um einiges schwieriger gehabt haben in einem Land mit sozialistischem Einparteiensystem. Dieses ist nämlich dafür bekannt nicht zu viel Wert auf Meinungsfreiheit zu legen, dementsprechend gab es für den Rapper Melo einen durchaus interessanten Vorfall. In seinem „Uber Rap“ thematisierte der Higher Brothers Rapper das Verbot des Fortbewegungsmittels. Mit Zeilen wie „Where there’s oppression, there’s resistance. I speak for myself. I just like taking Uber. It’s better than your taxi. What do you want? Bite me!“ und „Government takes all the credit. They say it’s cuz they love China. I don’t dabble in politics but if I can’t sing, Then I’ll cut off politicians’ heads and place them next to corpse’ feet.“ formuliert der Künstler eine deutliche Kampfansage an die chinesische Regierung. Diese ließ sich natürlich nicht lumpen und beorderte Melo direkt zum Polizeipräsidium um ihn darüber zu informieren, dass er sich mit diesem Track eine Verwarnung eingehandelt hat. Vermeintlicher Tatbestand? Aufruf zum Terrorismus.

Keine angenehme Geschichte für den Künstler. Glücklicherweise ging der Vorfall durchaus glimpflich aus. Es blieb bei der ausgesprochenen Verwarnung, die einzige Maßnahme die getroffen wurde, war, dass der Song offline genommen werden muss und nicht erneut von Melo veröffentlicht wird. Wer mehr zu dem Vorfall lesen möchte findet hier einen interessanten Artikel des Huffingtonpost. In diesem spricht Melo genauer über den Vorfall. Dass dies auch anders funktioniert, sieht man am Beispiel des Tracks „Made In China“. Diesen produzierten die Higher Brothers in Zusammenarbeit mit Famous Dex. Thematisch findet man hier eine besondere Liebe und Selbstdarstellung für ihr Heimatland. Allerdings wird diese mit einer angenehmen Priese Selbstironie serviert. Gleich zu Beginn gibt es eine Aufzählung verschiedenster Güter, von Golduhren bis Designer-Kleidung, ist nämlich alles „Made In China„. Im Gegensatz zu Künstlern wie Rich Brian oder Joji beschränkt sich die Gruppe jedoch primär auf Ihre Muttersprache. Fans die weniger Vertrautheit zu Mandarin mitbringen können jedoch die Untertitel mitlesen. Durch die mitgebrachten Übersetzungen können somit auch Künstler wie Lil YachtyMigosPlayboi Carti oder Kyle auf die Rapper reagieren. Das auf dem 88rising Kanal veröffentlichte Video könnt ihr euch hier reinziehen:

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Mit den bis hierhin erwähnten Künstlern ist es noch lange nicht getan: Artists wie August 08 oder Niki sind ebenfalls bei dem von Sean Miyashiro gegründeten Projekt beheimatet und stehen den zuvor erwähnten Musikern in keinster Weise nach.

Wer noch mehr von der Crew rund um Rich Brian hören möchte, findet hier den Stream zu Ihrem neuesten Gruppenprojekt „Head In The Clouds„, welches vergangenen Freitag veröffentlicht wurde:

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