Die Geschichte der Kollabo-Alben im deutschen Rap Kosmos ist ebenso vielfältig wie einfältig. Egal ob Chakuza und Bizzy Montana die „Blackout“ Zeit einläuten, Farid Bang und Kollegah zeigen wie „Jung, Brutal und Gutaussehend“ sie noch sind, oder sich mit Kool Savas und Sido die alte „Royal Bunker“ Crew neu formiert – Hörer sind immer da. Das hängt natürlich auch mit der einfachen Tatsache zusammen, dass schlichtweg eine doppelte Fangemeinde angesprochen wird. Da landen die „Royal Bunker“ CDs eben nicht nur bei langjährigen Essah Fans zuhause, sondern ebenfalls im Schrein eines jeden Sido Fans. Doch will ich als Fan eines Künstlers überhaupt ein Album hören, auf welchem der Künstler für den ich mir das gute Stück eigentlich zulege, nur zur Hälfte vertreten ist?
“Royal Bunker” hier bei amazon bestellen
“Royal Bunker” hier bei iTunes bestellen
Desweiteren gab es auch allerhand Kollabo-Alben, welche unter Umständen nicht ganz den Geschmack beider Fanbases treffen mögen. Als eines von vielen Beispielen ist da „Xavas“ zu nennen, welches prinzipiell den Sound von Kool Savas und Xavier Naidoo sehr gut vereint. Allerdings könnten hart eingesessene KKS Fans, welche den gebürtigen Aachener primär mit Tracks wie „Rapfilm“ oder „LMS“ verbinden, bei eher sentimentaleren Tracks wie „Wage es zu glauben“ die Lust am Savas Part verlieren, wenn man eine eher ungewohnte Xavier Naidoo Hook hören muss. Dennoch wird sicherlich auch der ein oder andere die Maeckes Produktion gehört haben und sich neu in Savas und Xavier verliebt haben.
Ein aktuelles Beispiel für die inhaltliche Fragwürdigkeit von Kollabo-Alben stellt der Release „Blanco“ von Kurdo und Majoe da. Wenn man den Status Quo der beiden Rapper betrachtet, versteht man schnell, woher die Beweggründe dieser Produktion rühren. Beide sind quasi Social Media Übermächte. Majoe verfügt über 677 Tausend Instagram Follower. Kurdo steht sogar bei 741 Tausend. Auf Facebook sehen diese Zahlen ähnlich aus. Schmeißt man beide Fangruppen in einen Topf, entsteht also schnell eine Reichweite in Millionenhöhe. So lassen sich im Jahr 2017 prächtig Platten verkaufen. Und Boxen. Und Merchandise. Und Shisha Tabak. Und so weiter.
„Jung, Brutal, Gutaussehend 3“ hier bei amazon bestellen
„Jung, Brutal, Gutaussehend 3“ hier bei iTunes bestellen
Wo wir beim Thema Hollywood sind, gibt es aber natürlich zwei die das in Perfektion beherrschen: Kollegah und Farid Bang. Schon die Videos ihrer Promokampagne weisen höhere Klickzahlen auf, als sämtliche Four Music Newcomer Video Singles zusammen. Real Talk. Die Fans sind gehyped, das Land hat Bock und alle warten auf Jung, Brutal, Gutaussehend Numero 3. Wo Kollegah auf einem Solo Album auch mal nachdenklich wird, Missstände dieser Welt aufzeigt oder die eigene Vergangenheit Revue passieren lässt, wird bei JBG standesgemäß drauf losgeballert. Von Farid ist man das eh gewohnt und beide profitieren vom Charakter des jeweils anderen. Bei so vielen Promo-Postings und Videoblogs in feinster Youtuber Manier, stellt man sich aber auch die Frage, ob hier wirklich ein künstlerisch wertvolles Stück Musik entstanden ist, oder die Verkaufszahlen doch im Vordergrund stehen. Ist das überhaupt wichtig?
Musikalische Höhenflüge bleiben dabei allerdings meistens aus. Zu verschieden sind die Richtungen der Künstler, zu groß der eingegangen Kompromiss. Oftmals sehen Rapper das Projekt nur als Neben-Baustelle zwischen Solo Release A & B und nehmen das Album deshalb nur so halb ernst. So zumindest das Gefühl. Ausnahmen bestätigen dabei selbstverständlich die Regel.