Asche - HIStory (Statement)

“Ich werde mein Statement in Kürze in der Form abgeben, wie ich es am besten kann. […] Wartet auf meine musikalische Stellungnahme„, so Asche am vergangenen Mittwoch in einem kurzen Video auf seinem Instagram-Account. Wenige Tage zuvor hatte Mois ihn auf YouTube beschuldigt, seine Karriere vorrangig auf einer angeblich erfundenen Lebensgeschichte aufgebaut zu haben: Asche habe in den vergangenen Jahre vorgegeben, wie Mois aus Tschetschenien zu stammen und im Alter von sechs Jahren 1995 mit seiner Familie nach Deutschland gekommen zu sein. Ein Foto von Asches angeblich echtem Personalausweis soll diese Informationen als falsch identifizieren. Asche sei in Wirklichkeit nicht 1989 in Grosny, sondern bereits 1983 in Gleiwitz, Polen, geboren.

Wenige Tage nach Ankündigung macht Asche seine Versprechungen wahr und veröffentlicht einen knapp 20-minütigen Track, um sich zu den kursierenden Vorwürfen zu äußern. Wir haben die sechs Parts „HIStory“ für euch zusammengefasst.

 

Part 1 bis 3: Asches Familiengeschichte

„Hallo Deutschland, ich rede mit dir, jede Geschichte hat zwei Seiten, ich erkläre mich dir“, ist eine der ersten Lines von Asches Track „HIStory“. Seine Großmutter Hava, 1942 in den kaukasischen Bergen geboren und „eine stolze Frau aus dem Volke Wainach“, sei in jungen Jahren als Hebamme in ein Straf- und Arbeitslager gekommen. Als Wainachen werden die Mitglieder einer lokalen Bevölkerungsgruppe der Tschetschenen bezeichnet; der Begriff wird auch verwendet, um die historischen Vorfahren der Tschetschenen zu bezeichnen.

Im Gulag habe seine Großmutter seinen Großvater kennengelernt. „An diesem Ort wird Nationalität vergessen, stattdessen hat man sich gegenseitig die Leben gerettet.“ Auch sein Großvater sei Teil einer „Minderheit“ gewesen, auf dessen Herkunft geht Asche allerdings nicht genauer ein. Nachdem beide Großeltern den Gulag überlebt hatten, sei sein Vater im Kasachstan geboren worden. Dieser habe auch keinen leichten Start ins Leben gehabt. Aus Asches Text geht hervor, dass das Leben der jungen Familie am Existenzminimum stattgefunden haben muss, bis sie schließlich an einem neuen Ort angekommen seien: „Endstation polnische Republik“.

Etwa zeitgleich sei seine Mutter in Lubin geboren worden und „zur kultivierten Polin“ herangewachsen. Dort habe sie ihren Mann kennengelernt und im Alter von knapp 20 Jahren seien die beiden Eltern eines gemeinsamen Sohnes: Asche kam zur Welt. Das Familienleben sei durch fehlenden materiellen Reichtum und die Krebserkrankung der Mutter geprägt gewesen. „Eine Kämpferin, ihre Mama hat den Krieg überlebt, und diese Gene hat sie mir dann in die Wiege gelegt“, so Asche. Als Asche vier Jahre alt wird und die Mutter erneut erkrankt, sei die Familie zur weiteren Behandlung nach Deutschland gekommen. Hier beginnt er zu erklären, warum es sich bei seinen von Mois geleakten Ausweispapieren um das Resultat einer notwendigen Urkundenfälschung handelt. Diese stehe im Zusammenhang mit der Einreise seiner Familie nach Deutschland: „Ende der 80er war dort an der Grenze Schluss. Zu dieser Zeit war es normal, dass man Papiere fälschen muss.“ Im Flüchtlingslager Friedland in Hamburg sei er im Alter von fünf Jahren zum ersten mal mit HipHop in Berührung gekommen und habe seine Liebe für das Genre sofort entdeckt.

 

Part 4: Identitätssuche in der Jugend

Besonders während seiner Jugend, die Asche in Bochum verbracht habe, habe er sich immer extremer mit der eigenen Identitätsfindung konfrontiert gesehen. „Wenn mich da jemand gefragt hat, was für’n Landsmann ich sei, hab‘ ich gesagt: ‚Setz dich hin, hast du ’ne halbe Stunde Zeit?'“. Er habe früh gemerkt, dass besonders die Tschetschenen, die er in seiner Jugend kennenlernte, stets hinter ihm gestanden hätten. Identifikation und Zugehörigkeitsgefühl zur gleichen Gruppe entstanden vor allem durch einen gemeinsamen Erlebnis- und Erfahrungshorizont. „Eltern erzählten uns von Kriegsverbrechen, Genoziden, wir teilten alle dasselbe Leid in den Lebenslinien. Um die eigenen familiären Kriegserfahrungen zu verarbeiten, habe Asche dann begonnen, das Thema des Tschetschenienkriegs in seiner Musik zu verarbeiten. „Unsere Vergangenheit schaffte uns Sensibilität, weil man den Schmerz fühlt, auch wenn man ihn selber nicht erlebt“, erklärt er diesen Entschluss.

 

Part 5: Abrechnung mit Mois

Nachdem Asche schon in den letzten Zeilen des vierten Parts damit begonnen hat, gegen Mois zu schießen, setzt er diese Linie im fünften Part von „HIStory“ fort. „Dich Fotze frisst der Neid auf, weil Asche Action macht, du warst nie ein Rapper, du bleibt ein Reaction-Spast, versucht er Mois Motiv zu entlarven, der vergangene Woche die sensiblen Informationen über Asches angeblich erfundene Lebensgeschichte publik gemacht hatte. „Du verwickelst dich doch selbst in Widerspruch nach Widerspruch. Komm, halt die Fresse wie die Drähte nach deinem Kieferbruch“: Wie Asche erklärt, habe ihm Mois mit der Veröffentlichung des besagten Videos gedroht und versucht, eine Geldsumme in Höhe von 100.000€ zu erpressen. Mois sei in seinen Augen der „König der Ratten“, „der größte Heuchler Deutschlands“ und nicht mehr als ein „Stammbaumforscher“ und ein „Fanboy“„Du wärst gerne ich, doch bleibst nur eine Aschokobar-Kopie.“

 

Part 6: „Mit der Fassade ist jetzt Schluss“

Im sechsten und letzten Part von „HIStory“ wendet sich Asche an seine Zuhörerschaft und schlägt versöhnlichere Töne an. Erneut begibt er sich in eine erklärende Position: „Scheiß auf Spaltung wegen Rasse, fick die neidischen Wichser, wir sind alles Ostblockkinder mit gemeinsamem Schicksal. Unsere Großeltern haben alle die Massaker erlebt. Scheiß auf Grenzen im Kopf, es ist Charakter, was zählt. Asche habe vorgehabt, seine angeblich komplizierte Herkunftsgeschichte schrittweise zu erklären und öffentlich zu machen, gibt aber auch zu, ein „bisschen geflunkert“ zu haben. Damit sei jetzt Schluss. „Am Ende zählt die menschliche Würde. Hallo Deutschland, schön, dass wir uns kennenlerne‘ dürfen. Ich bin Christoph (Amir), ich bin Israil, ich bin HipHop, das ist HIStory, schließt er seine „musikalische Stellungnahme“ schließlich ab. Das Video enthält zum Abschluss folgende Einblendung: „Alle Einnahmen des Songs werden an tschetschenische Familien von Kriegsopfern gespendet.“

Produziert wurde „HIStory“ von JohnnyIllstrument, Fade und Asche selbst. Doch auch nach Release des 20-minütigen Tracks  bleiben einige Fragen weiter offen. Dazu zählt zum Beispiel die Frage nach Asches tatsächlichem Alter, zu der er auf dem Track keine Angaben macht.

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