Review: Kool Savas - Tot Oder Lebendig

"Tot Oder Lebendig"
"Tot Oder Lebendig"

Zuerst der Schock: Das Album ist nicht mal 38 Minuten lang. Dass es kurz werden würde, wusste man ja schon seit der Tracklist.

Diese 38 Minuten werden von Savas dann aber auch voll ausgenutzt. Wo andere Alben mit einem kleinen Intro quasi nur noch einen weiteren Beat verbraten, zündet hier gleich die erste Bombe. Savas, vom Splash-Publikum als Backup begleitet, steigert sich hier von zuerst Aufwärm-Stimmung zu aggressiveren Tönen und schließt ab mit der Zeile ?Und bevor ich’s vergess: Langsam wurd‘ es wirklich mal Zeit, denn ihr habt lang genug gewartet, dass ein Album erscheint.“ Das Klavier, das danach einsetzt, gibt der Stimmung dem Rest und sorgt schon ein bisschen für Gänsehaut.

Flow-mäßig macht ihm so schnell wirklich niemand etwas vor, davon kann man sich gleich in den nächsten Stücken ?Orakel“ und der vorab als Free-Track freigegebenen Single ?Der Beweis“ ein Bild von machen. Wer dann immer noch skeptisch ist, wird spätestens bei ?Mona Lisa“ überzeugt. Von vielen als bester Track des Albums bezeichnet, ist er auch der herausfallendste aus dem Album-Konzept. Hier gibt es keine Streicher oder andere Orchester-Instrumente, die von Melbeatz verwendet wurden. Hier gibt es nicht einmal eine Snare auf der üblichen 2 und 4, sondern ein diffuses Drum Pattern, auf dem sich Savas austobt, mit Betonungen und der Geschwindigkeit seiner Stimme spielt.

Bei den restlichen Tracks gleitet er ziemlich smooth dahin. Er und Melbeatz sind ein eingespieltes Team. Sie macht die Musik, die zu ihm passt. Rap auf Beat ? Beat auf Rap. Da gibt es Strophen, die komplett aus Double Rhymes bestehen, kurz eingeworfene Double Time Parts und dann wieder Spiele in der Betonung. Savas hat seine Stimme so gut im Griff wie wohl seinen Porsche, seitdem er bei, 24-Stunden-Rennen mitgefahren ist. Gemächlich durch die Stadt, auf der Autobahn Gas geben, geschmeidig die Kurven nehmen? Die meiste Zeit allein, nur auf dem Track ?On Top“ darf Azad auf den Beifahrersitz. Und Savas versucht sich im Refrain sogar ein wenig am Gesang, wofür auf dem Rest des Album sonst Optik-Mitglied Moe Mitchell zuständig ist, auf dem letzten Track ?Melodie“ sogar zusammen mit Monrose-Sängerin Senna.

Da kann man jetzt (in Internet-Foren) drüber streiten. Moe Mitchell hat eine markante Stimme, die gerade bei ?Essah“ am Anfang auffällt, wenn der Gesang schon in Richtung Oper geht. Dass er aber nicht singen könne, kann man von ihm genau so wenig sagen, wie zu seiner Vorgängerin Valezka auf ?Der beste Tag meines Lebens“. Vielleicht passt Gesang einfach nicht neben die Stimme von Savas? Jedenfalls nicht in der Form, sondern eher leiser und monotoner im Background gehalten (wie z.B. der von Senna auf ?Melodie“, denn dass dort die Monrose-Sängerin singt, erkennt und hört man wirklich auch nur, wenn man es vorher im Booklet gelesen hat).

Was noch in den Internet-Foren bemängelt wird, ist der Themen-Mangel. Nun ja, bei elf Tracks gibt es den oben schon genannten Track ?On Top„, einen sozialkritischen Song ?Krank“ samt einleitendem Skit auf türkisch von Savas Großvater und einen Konzeptsong ?Nur ein Spiel„, in dem alle möglichen Begriffe aus der Spiele-Welt auftauchen. Eigentlich könnte man selbst ?Essah“ als Konzeptsong nennen, denn besser wird zu essah und das konstant durch das ganze Lied. Dann gibt es noch den auch schon erwähnten und ungewöhnlichen Track ?Mona Lisa“ und das von der Idee mit dem Splash-Publikum her innovative Intro.

Das sind sechs Lieder. Da gibt es sehr, sehr viele Alben, die zwar über 60 Minuten gehen, aber keine sechs solcher Lieder haben. Und Story-Teller, der gar noch etwas aus seinem Privatleben ausplaudert, war Savas noch nie. Gab es bei ?Der beste Tag meines Lebens“ auch nicht außer dem Titeltrack, und da ist ?On top“ nun mal ganz klar der Nachfolger. Damals beim Release wurde aber nicht so nach Themen-Tracks geschrien. Auch wurden Savas Punchlines noch nicht so kritisiert, die damals auch schon recht simpel waren. Was bei Savas zählt, ist der Flow und der Entertainment-Faktor, die seine Texte nun mal haben. Aber das die Fans nach mehr Themen und besseren Punchlines schreien, hat einen guten Grund: Die Konkurrenz ist einfach besser geworden. Dieses Jahr muss Savas sich mit einigen anderen herausragenden Alben von K.I.Z. oder Maeckes und Plan B messen.

Was Savas mit Tot oder lebendig als Album releast hat, gehört in diesem Jahr aber eindeutig zu den drei besten deutschen Platten. Welche von den drei Positionen es dann absolut belegt, hängt allein noch vom persönlichen Geschmack des Hörers ab.

Bewertung: 5 von 6
Bewertung: 5 von 6

By: Fl.Moeller