9 Alligatoah Momente vor "Triebwerke"

Das für den. 27. November 2015 angekündigte neue Solowerk von Alligatoah, „Musik ist keine Lösung“,  dürfte zweifellos zu den meisterwarteten Alben des Jahres zählen und wird sicherlich nicht nur Rapfans, sondern auch die gesamte Musikszene vom Gelegenheitshörer bis hin zum Spiegel Online Redakteur interessieren. Das Multitalent aus dem Trailerpark hat es mit nämlich seinem 2013er Album „Triebwerke“ verdientermaßen und ohne Zwang geschafft sich in den Mainstream zu rappen/singen und sich nebenbei gänzlich unaufgeregt in Gold- (für das Album) und Platinsphären (für „Willst du“) katapultiert.

Doch schon vor seinem kommerziellen Durchbruch mit dem Release von „Triebwerke“ war Alligatoah seit einigen Jahren im Rapgeschäft aktiv und hat bereits in dieser Zeit sein Gespür für gute Musik auf zahlreichen Releases bewiesen. Wir haben versucht ein paar besonders schöne Momente aus dem musikalischen Schaffen Alligatoahs für euch aufzubereiten, wobei es sich angesichts der großen Auswahl an gutem Material nur um einen kleinen Überblick handeln soll.

 

Die Kunst des Bitens // Die Kunst des Bitens Reloaded // Nerv nicht:

Auf die „Kunst des Bitens“ (zu finden auf Schlaftabletten, Rotwein II“) imitiert Alligatoah auf beeindruckende Weise seine Rapkollegen und bitet sich, vom Berliner Untergrund Recken  King Orgasmus One bis hin zum Wickeda MC Samy Deluxe , fröhlich durch den Deutschrap Kosmos. Damit beweist er zum einen, dass er sich in seiner Jugend mit einigen Rappern eindringlich auseinandergesetzt hat und zum anderen, dass Biten bei solch einem Niveau wirklich eine Kunst sein kann, denn wie präzise Alligatoah in Sachen Flow, Vokabular & Intonation seine Kollegen nachahmt, ist schon sehr beeindruckend.

 

„Diebstahl-Rap, die Zweite“: Auf seinem Release „Schlaftabletten, Rotwein III“ spendierte Alligatoah uns dann den Nachfolger „Die Kunst des Bitens Reloaded“, auf dem er äußerst gekonnt u.a. Farid Bang, Casper und Haftbefehl bitet.

Eine weitere gekonnte Imitation: in dem Song „Nerv nicht“ sparte sich Alligatoah eine Feature Anfrage bei Kollegah und übernahm in der dritten Strophe des Tracks einfach selber den Part als Kollegah:

Meine Band

Schon anno 2010/2011, demnach weit vor seinem großen Erfolg mit „Triebwerke“, beschäftigte sich Alligatoah mit dem Phänomen von sogenannten Fans der ersten Stunde, die einen Musiker als Quasi-Egentum betrachten und empört den kommerziellen Ausverkauf des einst so geliebten Lieblingskünstlers anprangern. Die musikalische und inhaltliche Umsetzung des frustrierten Fans, der seine Lieblingsband für sich alleine haben will, gelingt Alligatoah dabei mühelos und Sätze wie „Die hab ich früher mal gehört, doch die haben sich verändert“ dürften wohl in jedem Musik Forum schon einmal gefallen sein.

Ein Thema also, dass Ende 2010/Anfang 2011 für Alligatoah noch nicht allzu relevant gewesen sein dürfte, angesichts seines enormen Erfolges und der Präsenz in den großen Medien inzwischen wohl eher aktuell ist.

VBT Gasthook für Weekend

2011 war das von rappers.in ins Leben gerufene VBT äußerst populär und die einzelnen Runden der Teilnehmer erreichten Klicks in Millionenhöhe. Im Halbfinale zwischen 3Plusss und dem späteren Sieger Weekend gastierte Alligatoah dem Gelsenkirchener in einer Runde und gab eine sehr sehr starke und pointierte Hook zum Besten.

Mein Gott hat den Längsten

Alligatoah war eine Zeit lang bei rappers.in unter Vertrag, die damals auch als Label tätig waren, und hat Ende 2008 das Album „In Gottes Namen“ über diese Plattform veröffentlicht. In dem Video „Mein Gott hat den Längsten“ thematisiert er dabei religiösen Fanatismus in all seinen fatalen Ausprägungen und setzt sich mit dieser nach wie vor aktuellen Problematik klug, durchdacht und dabei trotzdem humorvoll auseinander:

Namen machen

Das Musikvideo zu „Namen machen“ ist eine Live Darbietung des Songs und zeigt schon 2010 die vielseitigen Fähigkeiten Alligatoahs: er kann auch live singen, spielt Gitarre, kreiert melodiöse Refrains und verpackt ein bestimmtes Thema (hier geht es um den Versuch die Aufmerksamkeit der Leute mittels möglichst bekloppter Videos zu gewinnen)  mit reichlich Humor und Wortwitz.  Ein Song, der wohl auch 2015 gut funktionieren würde.

Deeper Shit

Wohl jeder Rapfan kennt und fürchtet pseudo-tiefgängige Raptracks, in denen ein Rapper versucht möglichst viele „deepe“ Phrasen auf einen Track zu quetschen, in dem es wahlweise um Liebe und Trauer in allen Formen oder soziale Ungerechtigkeit geht. Das geht oft, und gerne auch bei Street-Rappern, gründlichst in die Hose. Auch Alligatoah hat einen sehr „deepen“ Track voller Herzschmerz fabriziert, der jedoch als grandiose Persiflage auf gängige Klischee-Songs der Rapkollegen dient. Auf dem Song reiht Alligatoah über extra kitschigem Piano-Geklimper dann scheinbar wahllos Phrase an Phrase aneinander, wobei  einige dieser Klischee-Allgemeinplätze sicherlich in dem einen oder anderen ernstgemeinten Song wiederzufinden sein dürften. Neben Lines wie „Und Politiker sind schuld, dass hier nichts passiert“ und gewollt widersprüchlichen Zeilen wie „Meine Eltern sind gestorben als Kinder“, kann vor allem folgende Punchline

„Wach auf. Du kannst sehen, du bist die Frau meines Lebens…Bruder“

begeistern. Definitiv „tiefer Scheiß“!

Teufelskreis

In dem Song  „Teufelskreis“ (vom „In Gottes Namen“ Album) erzählt Alligatoah aus mehreren Perspektiven, wie aus Mord und Rache eben jener Teufelskreis entstehen kann. Das ernste Thema rund um vermeintliche Gerechtigkeit, Schuld und Sühne wurde visuell sehr kreativ mit Playmobil Figuren umgesetzt: man braucht also kein hohes Budget um ein einfallsreiches und ansprechendes Video zu drehen. Auch Alligatoah selber hat sich für das Musikvideo extra eine fesche Frisur zugelegt:

Musik mit Ausdrücken

Auf dem ersten Teil von „Schlaftabletten, Rotwein“ versucht Alligatoah auf einem alten Bassbox Beat möglichst viele Verbalinjurien unter das Volk zu bringen. Das klingt plumper als es ist, denn vor allem Lines  wie „Ich steppe in den Supermarkt und sage: „Sehr geehrte Schlampe. Könnten Sie mir bitte eine Tüte geben? Danke.“ zeigen eine ironische Distanz hinter dem Kraftausdruck-Massaker.

Alligatoah (Lady Gaga Remix)

Zum Abschluss gibt es ein Remake eines Lady Gaga Songs, in dem Alligatoah die Hook von „Alejandro“ auf seine Person umgeschrieben hat und auf dem poppigen Beat mit Augenzwinkern seinen eigenen Status zelebriert.

Viele der früheren Alligatoah Releases kann man sich übrigens auf seiner Homepage kostenlos downloaden.

 

Sein neues Album „Musik ist keine Lösungkann hier bestellt werden.