Nach Cash Out, Migos, Rich Homie Quan und Que ist Young Thug das neueste Street-Phänomen aus Atlanta, der mit „Stoner“ und „Danny Glover“ gleich zwei virale Hits vorzuweisen hat. Young Thug heißt bürgerlich Jeffrey Williams, ist 21 Jahre alt, der Zweitjüngste von 10 Geschwistern und ein Rapper aus den Jonesborrough Projects in Atlanta. Ein Schicksal, mit dem der junge Thug in seiner Heimatstadt nicht unbedingt heraussticht.
Auch seine musikalische Herangehensweise hebt ihn, oberflächlich betrachtet, nicht besonders von gleichaltrigen Rappern aus ATL ab: Young Thug benutzt viel Autotune, man hört viele Adlibs und die von ihm bespielten Beats reihen sich alle kohärent in das bestehende Dirty-South-Soundbild ein. Die Frage ist also ganz simpel, was macht Young Thug besonders? Was unterscheidet sein kreatives Schaffen vom Codein-trägen Output der restlichen Jung-Rapper-Riege Atlantas? Warum will Kanye West mit ihm zusammenarbeiten?
Die Antwort darauf setzt sich aus verschiedenen Faktoren zusammen: Einerseits gibt es die künstlerische Komponente, in der Young Thug sich schon deutlich von seinen artverwandten Kollegen abhebt. Zwar orientiert sich sein aktueller Output sehr an den momentanen Trends, dennoch lässt sich in jedem Young Thug-Song eine eigene Note erkennen.
Außerdem experimentiert Young Thug, der Lil Wayne als sein größtes Vorbild nennt, viel mit seiner Stimme, mit Flows und mit Adlibs. Auch wenn er Autotune benutzt haben seine Melodien einen ganz anderen Flair als beispielsweise bei Future. Seine Flows verlassen oft das traditionelle Gerüst, kombinieren aktuelle Trends mit eigenen Kreationen und klingen so oft nach etwas völlig neuem. Dazu sind seine Tracks meist von wahnwitzigen Adlibs durchzogen, die einem Waka Flocka Flame in nichts nachstehen. Wenn man Young Thugs Musik hört, stellt man fest, dass die Bezeichnung „Rapper“ dem jungen ATLien nicht ganz gerecht wird – ihn einen Songwriter zu nennen, wäre wohl passender. Der kreative Ansatz seiner Musik ist so musikalisch, dass man ihn nicht nach Rap-Skills bewerten darf, denn das würde seinem künstlerischen Schaffen nicht gerecht. Young Thug ist mehr als nur ein Rapper.
Der andere Grund für seine Eigenständigkeit definiert sich, neben seiner Musik, vor allem durch sein charismatisches Auftreten: Young Thug vergisst man nicht so schnell wieder, wenn man ihn einmal gesehen hat. Jeffrey Williams ist nicht nur hoch gewachsen, sondern fällt auch, neben dem obligatorischen Gold-Grill, durch Nasen- und Septum-Piercing auf, dazu trägt er Skinny Jeans und enge Shirts. Dazu spielt ihm noch sein Charisma in die Hände, Young Thug hat durch sein exzentrisches Auftreten extremen Wiedererkennungswert. Seine Persönlichkeit ist gleichzeitig aber auch in gewisser Weise ein Fluch, da man schnell in Gefahr läuft, ihn in die Weirdo-Rap-Schublade einzuordnen und bloßen Klamauk-Hip Hop á la Riff Raff erwartet.
Das dieses Vorurteil unberechtigt ist, beweisen seine bisher veröffentlichten Mixtapes „I Came From Nothing“ (1-3) und „1017 Thug“ auf denen man durchdachte Songs mit klarem künstlerischen Anspruch und Struktur hören kann. Die volle Konzentration seiner eigenen Ansätze von Hip Hop lässt sich vielleicht am besten mit Songs wie „Nigeria“ oder „Natural“ illustrieren.
Young Thug feat. Gucci Mane & PeeWee Longway – Nigeria
Young Thug – Natural
Wenn man Young Thugs bisherige Karriere betrachtet, so stellt sich schnell die Frage, warum es bis jetzt gedauert hat, dass auch eine breitere Hörerschaft an ihm interessiert ist, schließlich veröffentlicht Jeffrey Williams schon seit 2011 seine Mixtapes. Damit ist er länger aktiv als beispielsweise der befreundete Cash Out, der erst seit 2012 veröffentlicht und trotzdem schon mehr Aufmerksamkeit als Young Thug bekommen hat. Da es bei Jeffrey Williams an Star-Appeal nicht zu mangeln scheint, verwundert diese Entwicklung schon ein wenig.
Was Young Thug bis jetzt letztendlich gefehlt hat, ist ein Hit. Auch wenn sich schon früher Songs mit Hit-Potential von Young Thug finden ließen, hat es lange gedauert, bis er den einen, ausschlaggebenden Street-Hit landen konnte. Am 17. Oktober 2013 war es dann soweit, Young Thug veröffentlichte den von Dun Deal produzierten Track „Stoner“, der bald darauf ein immenses Eigenleben entwickelte und nicht nur in Atlanta, sondern auch landesweit durchstarten konnte und Young Thug bei sämtlichen Rap-Medien sowie in der 〓ffentlichkeit ins Gespräch brachte.
Young Thug – Stoner
Der Hit war gezündet, in der Folge sprangen einige Rapper wie Wale oder Jadakiss auf den „Stoner“-Zug auf und veröffentlichten eigene Freestyles und Remixes auf den Dun Deal-Beat. Young Thug selber ist nicht unbedingt glücklich über die weitere Verwertung seines Tracks, allerdings schadet die ihm dadurch zukommende Aufmerksamkeit sicherlich nicht.
Kurz nachdem „Stoner“ veröffentlicht wurde, fand eine Roh-Version des Tracks „Danny Glover“ ihren Weg ins Netz. Young Thug selbst war über diesen Leak nicht sehr begeistert, da ihm sein eigentlicher Veröffentlichungsplan zerstört worden war. „Stoner“ sollte der eine Hit sein, auf dem sich sein Buzz aufbaut, „Danny Glover“ wäre dann eine ganze Weile später als Hype-Single veröffentlicht worden. Da aber schon bald Stars wie Drake oder Kanye West „Danny Glover“ öffentlich feierten, sollte sich seine Enttäuschung allerdings in Grenzen halten.
Young Thug – Danny Glover
Momentan ist Young Thug noch bei Gucci Mane’s 1017 Bricksquad-Label gesignt, kürzlich verkündete er aber, dass er zukünftig eine Partnerschaft mit Future’s Freebandz-Imprint anstrebt. Wie es in diesem Rahmen um seine kommenden Projekte bestellt ist, bleibt gegenwärtig ungeklärt. Derzeit hat Young Thug gemeinsame Mixtapes mit Rich Homie Quan, Chief Keef sowie seinem Homie Bloody Jay geplant. Außerdem erzählt er, dass er Kanye West in seinem Haus besucht hätte und dabei ein paar Songs mit ihm entstanden seien.
Die Hits und die damit einhergehende Aufmerksamkeit auf größerer Ebene hat Young Thug also schon in petto, bleibt nur noch abzuwarten, ob er sein Star-Appeal und seine künstlerischen Qualitäten auch in der Zukunft richtig einzusetzen weiß.
Young Thug feat. PeeWee Longway – Loaded
