"Thank You Based God": Lil B in Berlin

Vergangene Woche war niemand geringeres als Based God Lil B höchstpersönlich zu Gast bei der Berliner Partyreihe „Cream Cake“ und hielt im Festsaal Kreuzberg Audienz für seine hauptstädtischen Jünger. Wir waren vor Ort, um uns selbst ein Bild eines des bizarrsten Personen-Kults in der jüngeren Hip-Hop-Historie zu machen.

Lil B begann einst seine Karriere als Mitglied der Bay Area-Formation The Pack, die im Jahre 2006 mit dem Song „Vans“ einen nationalen Hit landen konnte und anschließend von Oakland-Legende Too Short bei dessen Label Up All Nite Music unter Vertrag genommen wurde. Nach einem weiteren kleineren Hit mit dem Titel „I’m Shinin“ wurde die Crew, die dem damals populären Hyphy-Movement zugeordnet wurde, aufgrund der schlechten Verkaufszahlen ihres Debütalbums vom Label gedroppt. Trotz Fortbestehen der Crew verfolgte Lil B in den kommenden Jahren in erster Linie und mit schwer vergleichbaren Arbeitseifer seine Solo-Karriere.

Als Plattform dafür diente Lil B zunächst Myspace, wo er unter mehreren Profilen (angeblich über 150!) gleichzeitig und in atemberaubender Frequenz Track um Track veröffentlichte und Kontakte zu anderen Usern knüpfte. Trotz der teilweise fragwürdigen Qualität seiner im Schnellschussverfahren releasten Tracks konnte Lil B so bald eine ergebene Anhängerschaft um sich scharen und wurde zu einem der ersten (und ungewöhnlichsten) Musik-Stars des Social-Media Zeitalters. Tyler, the Creator, Kreayshawn und auch Mac Miller sind ebenso erklärte Fans des Based Gods wie Four Musics Casper.

Jedoch rief Lil Bs Erscheinen auf Hip-Hops Bildfläche nicht nur positive Resonanzen hervor, ganz im Gegenteil. Sein simplistischer und vernuschelter Reimstil gepaart mit seinen scheinbar platten Messages von Positivität und Liebe, vorgetragen als eine Art stream of consciousness, wurde nicht nur von einigen Puristen als amateurhaft deklassiert, sondern stieß auch ein paar seiner Kollegen bitter auf. The Game nannte ihn den „wackest rapper of all time“, nachdem er ihn auf einem Lil Wayne Mixtape hörte, und Joey Bada$$ empfahl ihm erst zu Beginn des Jahres, besser nicht seinen Alltagsjob aufzugeben. Kontrovers-groteske Projekttitel wie „I Got AIDS“ oder „I’m Gay“ taten ihr übriges, dass der Bay Area-MC heutzutage von weiten Kreisen der Rap-Hörerschaft bestenfalls belächelt wird. Keine Fage: Wer Tracks mit seiner Katze („KeKe The Adopted Tabby“) veröffentlicht, hat es schwer in der ach so realen Rapwelt akzeptiert zu werden.

Seine devote* Fanschaft stört das natürlich herzlich wenig und so verwundert es auch nicht, dass, als Lil B zu den Klängen von „Ellen Degeneres“ die Bühne des Festsaals betritt, der gut gefüllte Raum schon in Stimmung und bereit ist Apeshit zu gehen. Der Künstler selbst trägt Handtuch auf dem Kopf, Sonnenbrille, Blouson, rosa Shorts und seine berühmten, sich Nahe dem Stadium der Auflösung befindlichen Vans, während er ruhigen Schrittes über die Bühne flaniert. Sein Publikum trägt überwiegend limitierte Sneaker, enge stonewashed Hosen, zu große Oberteile, Gold-Accessoires und Vintage-Brillen, während in den ersten Reihen der „cooking dance“ getanzt wird.

Gleich zu Beginn wird klar, dass der Based God über eine erstaunlich gute Bühnenpräsenz verfügt. Ohne Back Up-Rapper oder sichtbaren DJ hält der kurzgewachsene Rapper die ungeteilte Aufmerksamkeit des Publikums und zündet eine Live-Bombe nach der nächsten. Egal ob über eigene oder fremde Instrumentierung geht es zunächst sehr trapmäßig zu Sache, bevor es später bei Tracks wie dem Clams Casino produzierten „I Am God“ tatsächlich eher based wird. Wer aus einer Auswahl von über 3000(!) Tracks wählen kann, hat scheinbar wenig Probleme ein unterhaltsames Bühnenprogramm zu gestalten.

Auffällig wird während des Auftritts ebenfalls, wieviel Wert Lil B auf eine positive Attitüde und einen engen Draht zu seinen Fans legt. Immer wieder formuliert er, seine Wertschätzung aller anwesenden Menschen, komplimentiert die Schönheit der anwesenden Frauen wie Männer und gibt Props an alle „Nerd-Thugs“, zu denen er sich im Ǔbrigen auch zählt. Nachdem er eine Schar weibliche Fans zu sich auf die Bühne holte, gibt es für jede einzelne eine Umarmung zum Abschied. Als er die selbe Routine zur fast finalen Performance von „Wonton Soup“ mit einer ebenso großen Gruppe männliche Anhänger wiederholt, bittet er darum, doch bitte nicht allzu „rowdy“ mit dem Based God umzugehen. Zum Dank gibt es wiederum Umarmungen sowie für einen besonders engagierten Cooking-Dancer die Jacke seines Idols.

Alles in allem gelang es Lil B während des über einstündigen Gigs eine durchaus unterhaltsame Show abzuliefern. Während allerdings die energetischen Passagen auch Nicht-Eingeweihte zum mitbouncen animierten, vermochten es die ruhigen Elemente wohl eher nicht, dem Außenstehenden die Magie zu vermitteln, die diese Tracks auf Lil Bs Fanbase offenbar auszuüben scheinen. Auch nach dem Konzert bleibt es ebenso schwer nachzuvollziehen, weshalb einige Realkeaper Lil B und seine naive Kunst derart anfeinden, wie, weshalb jemand außerhalb ironischer Motive diesen Mann auf ein Podest stellen würde. Das Enigma Lil B bleibt bestehen.

*männliche Fans bitten Lil B regelmäßig darum mit ihren Freundinnen respektive „Bitches“ zu schlafen.

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