Langlebigkeit im Deutschrap: Warum die Musik mancher Artists zeitlos ist

„Dass es jetzt so schnelllebig geworden ist, stellt nur die Gesellschaft so dar. […] Die Musik spiegelt das eigentlich nur wider“, so Kool Savas in dem 16BARS Interview mit Savvy über Originale der HipHop-Szene. Trends kommen und gehen heutzutage in einer nie dagewesene Geschwindigkeit, auch im Deutschrap. Es gibt außerdem viel mehr Artists, als noch vor 20 Jahren. Schnelllebigkeit, erhöhte Konkurrenz und die Massen an neuer Musik scheinen es Künstler*innen mittlerweile zu erschweren, zeitlose Songs zu erschaffen. Um relevant zu bleiben, folgen viele neuen Trends, die nicht lange bleiben. Natürlich gibt es trotzdem einige junge Rapper*innen, die großes Potential haben und ihr eigenes Ding durchziehen, etwa OG Keemo oder Kwam.E. Doch was macht Songs, die vor Jahren erschienen sind, immer noch relevant?

 

Was zeitlose Musik ausmacht

Sobald ein Sound in die Trends kommt, scheint die Musikindustrie riesige Massen an Songs mit genau diesem zu produzieren, weshalb Konsument*innen schnell zu viel davon bekommen und sich lieber in Richtung neuer Sachen orientieren. Auch deshalb ist für zeitlose Tracks größtenteils zu sagen, dass sie nicht jedem noch so kleinen Trend, seien es mechanische Autotune-Stimmen oder Disco-Melodien, nachgehen. Natürlich ist es trotzdem wichtig für eine*n Künstler*in, sich auszuprobieren. Sie sollten sich jedoch immer selbst treu bleiben. ”Für mich ist ein Original jemand, der sein Ding macht“, so Savas in besagtem Interview. Artists müssen den Inhalt ihrer Lyrics wirklich fühlen, den die Hörer*innen bemerken, wenn Authentizität da ist, oder eben nicht. Vor allem: Die Texte dürfen nicht belanglos sein. Viele Lieder sind zeitlos, weil sie bestimmte Emotionen und Gefühle portraitieren, die Konsument*innen bei ähnlichem Empfinden vielleicht immer wieder abspielen. Auch wenn Hörer*innen bestimmte Erinnerungen mit Songs verknüpfen können, werden sie diese mit höherer Wahrscheinlichkeit noch lange in ihren Playlists lassen.

Innerhalb Deutschlands fallen einem bei zeitlos als erstes wahrscheinlich die Rapper*innen ein, die schon länger im Business sind und bewiesen haben, dass ihre Musik auch Jahre nach Release noch relevant ist und gehört wird: Kool Savas, Bushido, Sido, Schwesta Ewa oder Kollegah sind nur einige Namen.

 

Langlebigkeit im Deutschrap

Deutschrap hat sich im Laufe der letzten Jahre stark verändert und ist massentauglicher geworden. Die Kritik die daraus entstanden ist, klingt meist gleich: „langweilig“, „Industrie-orientiert“, „unoriginell“, oder: „Das ist kein Rap, das ist Pop-Musik.“ Das fällt ebenso vielen Künstler*innen auf. Erst kürzlich kritisierte Sierra Kidd die nationale HipHop-Szene: „Kaum einer hat einen eigenen Sound, kaum einer hat eine eigene Geschichte.“ Kool Savas stimmt seinem Kollegen in den Kommentaren zu. Ist ein Song zeitlos, bemerkt die Hörerschaft das im Regelfall direkt. Das bedeutet übrigens nicht, dass kurzlebige Musik oder Trends schlecht sind, sie halten sich nur weniger lang.

Neben dem Sound scheint vor allem gutes Story-Telling einem Song und Artists generell langanhaltende Relevanz zu verleihen. Selbstverständlich, denn das macht es nicht nur interessanter zuzuhören, sondern bietet viel mehr die Möglichkeit, sich damit zu identifizieren. Starke Reimketten überzeugen stärker als halbherzig geschriebene Texte. Auch deshalb gilt Kool Savas als deutscher King of Rap: Doubletime-Rap, einzigartiger Flow und durchdachte Freestyles haben ihm zu diesem Titel verholfen. Fragen wir etwa unter einem Instagram Post, wer sein Album „Aura“ heute noch hört, gibt es fast ausschließlich positive Resonanz.

 

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Schwesta Ewa rappt über ihr Leben in Frankfurt, Prostitution und die spätere Anklage. Kollegah ist bekannt dafür, in seinen Songs das eigene Boss-Image rüberzubringen und damit zu versuchen, sich seine eigene Königsklasse aufzubauen.  Sido hat die nationale HipHop-Szene und den Straßenrap mit seinen teilweise radikalen Texten schon früh geprägt. Sie alle haben Standards in Deutschland gesetzt, mit denen Künstler*innen nach ihnen versuchen müssen, mitzuhalten. Auch deshalb ist und bleibt ihre Musik wahrscheinlich noch lange relevant.

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