Rheinkultur Festival: Hiphop Bühne wird gestürmt / Konzerte abgesagt

Wie bereits durch diverse Videos und Artikel zum Thema bekannt geworden, eskalierte die Lage am Samstag beim Rheinkultur Festival in der Bonner Rheinaue auf der Mixery Raw Deluxe Bühne. Die kostenlose Musikveranstaltung übertraf in diesem Jahr mit insgesamt 160.000 Besuchern (Schätzung der Veranstalter) die Besucherzahl aus dem Vorjahr um mehr als das Doppelte. Da wir ebenfalls vor Ort waren, möchten wir im Folgenden den Versuch unternehmen die Geschehnisse vor und rund um den Zeitpunkt der Eskalation auf der Hip Hop Bühne anhand unserer Beobachtungen und von Gesprächen mit Beteiligten noch einmal zu rekonstruieren.

Image and video hosting by TinyPic

Ab 12.00 Uhr Mittags traten auf den vier Bühnen Künstler aus den verschiedensten Musikgenres auf. Den Anfang auf der Hip Hop Bühne machten u.a. F.R., Montana Max & Shiml und Aphroe unter friedlicher und entspannter Atmosphäre.

Image and video hosting by TinyPic

Während sich zusehends immer mehr Menschen vor und um die Hip Hop Bühne versammelten, trat dann mit ca. einer halben Stunde Zeitverzögerung Chakuza auf, der seine Show vor den euphorischen Fanmassen ordnungsgemäß beenden konnte. Zu diesem Zeitpunkt war das Gelände um die Mixery Bühne bereits wieder Erwarten so voll, dass die Veranstalter sich während des nachfolgenden Auftritts von Selfmade Künstler Favorite auch aufgrund von Unruhen in den ersten Reihen entscheiden mussten, die Veranstaltung zunächst einmal abzubrechen. Erste Flaschen flogen und der zusätzliche Hinweis von Veranstalterseite, dass die Veranstaltung nur fortgesetzt werden könne, wenn sich die ersten Reihen beruhigen, bzw. lichten, führte ebenfalls nicht dazu, die nun in Gang gekommene Dynamik unter den gewaltbereiten „Fan“ – Gruppen vor der Bühne zu stoppen.

Image and video hosting by TinyPic

Denn in der Erwartung, dass der mittlerweile auf dem Festivalgelände angekommene Haftbefehl das Programm, wie eigentlich geplant, fortsetzen würde, füllte sich das Gelände weiterhin und der Ton seitens der lautstark „Haftbefehl“ skandierenden „Fans“ aus den ersten Reihen wurde stetig aggressiver.

Ungefähr anderthalb Stunden nachdem Favorite seine Show abbrechen musste, und wir in diesem Zeitraum keine sichtbare Reaktion seitens der Veranstalter vernehmen konnten, eskalierte dann die Situation vollends. Die schlussendliche Mitteilung, dass die Auftritte von Haftbefehl und den danach folgenden Künstlern nicht mehr stattfinden würden, brachte die eh schon aufgeheizte Stimmung auf den Höhepunkt, sodass die schwarzen Schafe, die zuvor schon Gewaltbereitschaft mit Flaschenwürfen signalisierten, sich gewaltsam Zugang zur Bühne und zum Backstagebereich verschafften, um ihre angestaute Wut direkt an den Veranstaltern und Rappern rauszulassen.

Image and video hosting by TinyPic

Hinzugefügt werden muß aber auch, dass die Sicherheitskräfte augenscheinlich nicht die Qualifizierung hatten, die Entstehung so einer Dynamik von Anfang an im Keim zu ersticken, um eine etwaige Eskalation zu verhindern.

Image and video hosting by TinyPic

Unseren Einschätzungen zufolge handelte es sich bei den „schwarzen Schafen“ um hundert bis zweihundert gewaltbereite Anhänger, die nicht, wie in diversen anderen Medien kommuniziert, „rivalisierend“ im Widerstreit standen, sondern eher einheitlich ihren Unmut gegenüber dem Nicht – Auftreten des Künstlers kundtun wollten, wegen dem sie angereist waren.

Image and video hosting by TinyPic

Unabhängig von der genauen Rekonstruktion des Hergangs ist es aber insgesamt traurig, dass es dazu gekommen ist. Traurig für die Hip Hop Kultur in ihrer Außendarstellung und schlimm für diejenigen, die den Besuch einer Veranstaltung in diesem Kontext nun mit einem schlechten Gefühl verbinden.

Schade auch, dass bei einer Veranstaltung, wo sich mehrere tausende Rapfans friedlich versammelt haben, ein paar hundert Ausnahmen die oft vorgeworfenen Klischees über Rapmusik bzw. Straßenrapmusik bestätigt haben und eine schöne Plattform für Hiphop wie das Rheinkultur Festival in Zukunft wohl auf eine eigene Bühne für Rap verzichten wird.

Statements:

Haftbefehl’s Management:

Haft durfte nicht die Bühne betreten weil die Veranstalter nicht mehr für die Sicherheit der Besucher garantieren konnten. Nachdem auch die Polizei ein Auftrittsverbot für Haft erteilte blieb für die Veranstalter und uns nichts anderes übrig als den Auftritt abzusagen“ (via Facebook)

Hier noch das offizielle Statement seitens der Rheinkultur.