Vom Newcomer zum Star: Das Erfolgsrezept von Apache 207

Selten war die Wahl um den potentiellen Newcomer des Jahres so klar, wie in diesem Jahr 2019. Obwohl wir noch zwei Monate auf der Uhr haben, kommt man schon jetzt an einem Namen nicht vorbei: Apache 207. Es ist gerade mal 16 Monate her, dass der 22 jährige Rapper aus Ludwigshafen mit seinem ersten Video zu dem Song „Kleine H***“ die Bildfläche betrat. Seit dem ist der Aufstieg des von vielen Fans als „Falco des Deutschrap“ betitelten Künstlers kaum zu bremsen. Zum Einstieg ein paar Zahlen:

  • > 230 Millionen Spotify-Streams
  • 94,1 Millionen YouTube-Views
  • 4,5 Millionen monatliche Spotify-Hörer
  • 830k Instagram Abonnenten

Da die Tendenz steigend ist, kann man wahrscheinlich schon morgen ein paar Prozent dazu rechnen. Mit einem Signing bei Bausa’s und Manager Lucas Teuchner’s Label „Two Sides“ im Rücken, hat Volkan Yaman, so sein bürgerlicher Name, ein Team gefunden, das nicht nur weiß wie man Hypes erzeugt sondern auch tief in der Rapszene verwurzelt ist. Trotzdem stellt man sich die Frage: Was macht Apache eigentlich zum Star, wieso klappt das so gut und um es wie Rin auszudrücken: „Oh Lord, wo soll das Ganze enden?“.

Darüber, was in der Musik-Branche einen Star zum Star werden lässt, gibt es verschiedenste Theorien und in Zeiten von Social Media und einer untergeordneten Rolle von Major-Labes werden Definitionen dazu wohl schwieriger. Bleibt man bei klassischen Ansätzen spielen hier Merkmale wie Ausstrahlung, Skills, Image und natürlich die richtigen Songs eine maßgebende Rolle. Welche Zutaten bringt Apache 207 also an den Tisch, um im überfüllten Haifischbecken aus Deutschrap-Newcomern nicht nur aus der Masse herauszustechen, sondern direkt zu einer Stilikone mit Nummer 1-Singles zu avancieren?

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Ausstrahlung

Bei einer Körpergröße von 2 Metern und den langen, schwarzen Haaren fällt es zunächst mal schwer Apache 207 zu übersehen. Dabei nutzt er seine physischen Attribute als Stärke und weiß diese perfekt zu inszenieren. Der Satz „Apache, der Gangster, der ab und an sein Tanzbein schwingt“ aus dem Song „Kein Problem“ wird dabei zum Symbolbild für sein Auftreten. Selbstbewusst, eiskalt, abgeklärt und trotzdem mit der richtigen Portion Selbstironie an den richtigen Stellen lassen ihn zum Original werden. Vergleiche, Schubladen oder Klischees wollen dabei einfach nicht greifen.

Mit Zeilen wie „Sie machen Fotos, Taschen platzen aber Apache bleibt gleich“ macht er klar, dass sich seine Karriere zwar auf einem steilen Weg in Richtung Mars befindet, seine Wurzeln für ihn aber eine große Rolle spielen. Da Realness gerade im  HipHop grundsätzlich ein wichtiges Thema ist, zahlen hier auch seine Darstellungen als „Junge aus der Nachbarschaft“ auf seine Glaubhaftigkeit ein. Gleichzeitig vermittelt er aber auch: Er ist nicht einer von vielen, sondern das Million Dollar-Kind aus Ludwigshafen. In seinen Videos lieben ihn die Kids aus dem Viertel, Sidechicks & seine Jungs gleichermaßen und trotzdem bleibt er unnahbar, was ihn wiederum interessant macht. Interviews, Reportagen oder öffentliche Auftritte außerhalb seiner Kunstfigur sucht man bis dato vergebens und so bleibt es weiter ungeklärt, wie der Mensch dahinter tatsächlich tickt.

Skills

Der musikalisch wahrscheinlich wertvollste Punkt in dem Ganzen sind seine unbestrittenen Fähigkeiten. Apache hat nicht nur eine markante Stimmfarbe und ein besonderes Gespür für Flow und Melodien – er weiß dieses auch einzusetzen. In Zeiten, in denen sich der geneigte Autotune-Hater über die Schablonenhaftigkeit von Songstrukturen beschweren mag, macht Apache alles anders und rührt damit die neue Soße noch mal kräftig um. Dabei erinnert sein theatralisch wirkender Stimmeinsatz weniger an HipHop Grund-Gewürze wie Soul oder R&B – Viel mehr bedient er sich Techniken, die für gewöhnlich eher im Bereich Musical oder Oper zu Hause sind.

Die Kollegen vom Diffus-Magazin schrieben im Frühjahr diesen Jahres: „Es scheint so, als hätte es sowas wie Apache im Deutschrap noch nie gegeben.“ – Eine Aussage, die man auch 6 Monate später noch genau so unterschreiben kann. Etwaige Bemühungen ihn mit der Konkurrenz zu vergleichen, scheitern kläglich. Es gibt kein Vorbild, keine Blaupause oder Leitfigur, deren Einfluss auf Apaches künstlerisches Schaffen klar erkennbar wäre. Sprachlich simpel und doch immer auf den Punkt agiert Apache mit einer Leichtigkeit, die entweder jahrelangem Training oder einem unfassbaren Naturtalent entsprungen sein muss. Die Wahrheit liegt wohlmöglich irgendwo dazwischen.

Die richtigen Songs

Kurz: Apache hat einfach die Hits. Nachdem er sich bislang ausschließlich mit Single-Releases präsentiert hat, wurde es nun Zeit für seine erste „Platte„. So der Name der 8 Songs umfassenden EP, die vergangenen Freitag über „Two Sides“ erschienen ist. Schwächen oder Füller sind auch hier kaum zu erkennen und so würden mindestens 6 der 8 Songs mühelos als Single funktionieren. Schwieriger wird es hier eher zu mutmaßen, warum der eine Song besser funktioniert als ein anderer. Beispiel dafür sein bis dato erfolgreichster Track „Roller„, der es mit über 60 Millionen Streams bis auf Platz 1 der Charts geschafft hat. Hier könnte das Release-Timing eine Rolle für den immensen Erfolg gespielt haben: In Zeiten von E-Scooter Sharing in den Innenstädten dieses Landes wurde der Track zum Hit auf sozialen Plattformen wie Tik Tok oder Instagram und wurde dadurch tausendfach geteilt. Kluges Marketing, dicht am Zeitgeist oder einfach nur Glück? Zumindest vom letzteren kann man bei der Treffsicherheit von Apache nicht mehr ausgehen.

Etwas Gegenwind gab es lediglich für die Lyrics seines ersten Tracks „Kleine Hure„, aufgrund der sexistischen Darstellungen in seinen Lyrics und im dazugehörigen Musikvideo. Knapp 1 1/2 Jahre später scheint das seine Hörer aber herzlich wenig zu interessieren. So entwickelte sich Apache vom Untergrund-Tipp in Rekordzeit zum Mainstream-Star, auf den sich die breite Masse und Szene-Heads offensichtlich gleichermaßen einigen können.

Visuals

Ein weiterer wichtiger Faktor seines Erfolges sind die Visuals. Hier hat man gelegentlich das Gefühl, dass der Ludwigshafener Rapper durch die SSIO-Schule gegangen ist: Groß gedachte Konzepte basierend auf Selbstinszenierung durch Kostüme, Ironie und eine überdurchschnittliche Portion Drip, eingebettet in den natürlichen Lebensraum des Künstlers – die Hood. So werden Mannheims nächtliche Straßen, die nicht unbedingt für ihren glänzenden Schein bekannt sind, plötzlich zur Hollywoodkulisse und Apache lässt keinen Zweifel daran, dass er in diesem Film die Hauptrolle spielt.

Trotz überzogener Darstellung wirken selbst die hochhausweit drüber geskripteten Musikvideos wie aus dem Ärmel geschüttelt. Natürlich performt er in einer Telefonzelle auf einem Floß auf dem Wasser – wo auch sonst?! Wenn man ihm auf goldenen Rollschuhen durch einen Tunnel fahren sieht, stellt sich im Grunde auch nicht die Frage warum er diese trägt, sondern eher warum man selbst noch keine hat.

Bislang griffigster Streitpunkt in Sachen Optik liegt wohl in den laut gewordenen Vorwürfen der kulturellen Aneignung rund um seinen Namen „Apache 207“ und die Bildsprache in Videos wie „Kein Problem„. Hier bedient er sich indogener Kleidung und Symbolik ohne auf tatsächliche Bedeutungen einzugehen oder selbst Wurzeln in dieser Kultur zu haben. Soweit bekannt ist Apache türkischer Abstammung und hat traditionell daher mit Kriegsbemalung und Federschmuck eher wenig gemein.

Allerdings hat man das Gefühl, das sein Team und er schnell begriffen haben, dass es dieser Mittel gar nicht bedarf, um einen Kult rund um seine Figur aufzubauen. Seit „Kein Problem“ trat der Materpfahl-Apache in den Hintergrund und machte damit die Bühne frei für den kompletten Facettenreichtum seines eigenen Charakters.

Fazit

Apache hat also so ziemlich alles, was man braucht um ein erfolgreicher Künstler zu sein und ist dabei trotzdem die so oft zitierte Ausnahme, die jede Regel bestätigt. Er hat sich nicht bis wenig an aktuell musikalischem Zeitgeist orientiert, sondern eher einen neuen erschaffen. Social Media spielt zwar inhaltlich eine Rolle, ist aber sicher auch nicht sein Schlüssel zum Erfolg. Er hängt nicht in jeder zweiten Insta-Story von Rapper XY ab oder lässt sich seine Songtexte von Ghostwritern schreiben, um ins Radio zu kommen. Zumindest nicht, sofern man seinen Song-Credits Glauben schenken kann. Es scheint also so, als habe Rap-Deutschland mit Apache einen Artist gefunden, der sich unterm Strich vor allem durch Originalität und Qualität durchsetzt und das ist längst nicht mehr selbstverständlich. Natürlich werden Hypes kommen und gehen und die Wachstumskurve seiner Streaming- und Social Media Zahlen wird sich früher oder später auch mal wieder in Richtung Waagerechte bewegen, allerdings kann man definitiv davon ausgehen, dass er das Zeug dazu hat über Jahre relevant zu sein. Sein Facettenreichtum ist zu groß. um nach ein, zwei erfolgreichen Releases wieder im Nirvana zu verschwinden.

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