Review: Jeyz - Blut, Schweiß & Tränen

Der Name Jeyz dürfte eigentlich jedem Deutschrapkenner seit den alten ?Chabs?- Tagen ein Begriff
sein. Er gehört zu denjenigen, die den Frankfurter ?Nordweststadtsound? maßgeblich mitgeprägt
haben und seit fast einem Jahrzehnt Azad sowohl auf der Bühne als auch im richtigen Leben loyal zur
Seite stehen. Um aus dem Schatten Azads ins Licht zutreten und sich als Solokünstler zu etablieren
hat er auf 3 Mixtapes und einem Streettape sein Talent als authentischer Strassenrapper mit Hang zu
bildhafter Sprache und außergewöhnlichen Flows bewiesen. Sowieso. Der Frankfurter mit
sizilianischem Hintergrund war und ist für mich einer der Wenigen der Strassenrapperzunft, die es
schaffen die Straße zu repräsentieren, Inhalte zu transportieren und gleichzeitig auf ein künstlich
aufgebauschtes Gangsterimage zu verzichten.
Mit der Hoffnung diesen positiven Eindruck auf Albumlänge bestätigt zu bekommen halte ich nun
Jeyz´ Erstlingswerk mit dem Titel ?Blut, Schweiß und Tränen? in den Händen. Vor dem Hintergrund
der Zeit, die sich Jeyz für das Album genommen hat, wäre ein originellerer Titel mit Sicherheit
dringewesen. Hiermit im Zusammenhang steht offensichtlich auch die Anzahl der Tracks : 22
Anspielpunkte stehen zur Verfügung, was die berechtige Frage aufwirft, ob der Frankfurter in der
Lage ist auf die ganze Länge die Aufmerksamkeit des Hörers auf seiner Seite zu halten. Aber Eins
nachdem Anderen.

Der Opener, produziert von Bozz ? Hausproduzent Martelli, lässt den Hörer eintauchen in die
Grundmelancholie, die so typisch ist für den Frankfurter Sound und sich durch Streicher, Pianos und
soundtrackartige Arrangements auszeichnet. In ?Mein Leben? versucht Jeyz in gewohnter Manier
den Struggle darzulegen, indem er sich befindet, geprägt durch das Aufwachsen in sozialer
Benachteiligung und allen Schattenseiten, die dies mit sich bringt. Benny Blanco unterstreicht
hierbei, dass sein Sound der Producerelite in Deutschland zugerechnet werden muss. Vom
Standpunkt der Qualität aus kann man sowieso gegen jegliche Beats kaum Einwände erheben, wenn
Shuko, Flashgordon, Brisk Fingaz und die üblichen Verdächtigen aus dem Bozzcamp ihren Beitrag
leisten .

Mit ?Heute wird zurückgeschossen? folgt nun der erste, Battle/ Representer /?2009 ist unser Jahr? ?
Track, der anspruchsvoll produziert und solide gerappt ist, mich aber nicht besonders überrascht,
weil schon tausendmal gehört. Das von Martelli mit herzzereißenden Streichern ausgestattete
?Kämpfertränen? weiß auf musikalischer Ebene durch eine gute Hook von Manuellsen zu
überzeugen. Inhaltlich und rapmäßig enttäuscht mich Azad mal wieder wie so oft in letzter Zeit, da
ich mittlerweile das Gefühl habe, dass seine Durchhalteparolen und Betonmetaphern auf diversen
Tracks austauschbar geworden sind. Jeyz hingegen schafft es emotional anzusprechen und seiner
Verzweiflung gegenüber den ausweglosen Verhältnissen die ihn umgeben Ausdruck zu verleihen. Die
thematische Trennlinie zwischen den Tracks bleibt insgesamt scharf : ?Dieser Brief? richtet sich an
den Vater, den er nie kannte. Klavier, Streicher und die Stimme seiner Schwester Claudia in der Hook
statten den Track mit der für die Thematik nötige Melancholie aus. ?Mama? ist die obligatorische
Hommage an die Mutter und ?Tagtraum? richtet sich an die Herzensdame. Das mit einer von Marq
F. an Akon erinnernden Hook ausgestattete ?Ganz Egal? stellt für mich den schwächsten Track dar.
Inhaltlich unschlüssig, technisch unterdurchschnittlich und soundmäßig offensichtlich den
gegenwärtigen Imperativen des Musikmarktes folgend.

Hingegen so mancher Ausfälle ist ?Kannst du die Sterne sehen? mein persönliches Highlight, wenn
nicht sogar der Beste Track den ich von Jeyz bisher gehört habe. Auf einem wahnsinnig treibenden,
klavieruntermalten Beat von Benny Blanco gibt er einen persönlichen Einblick in die Zerrissenheit
seines Selbst und bringt einem, das was man in Frankfurt als ?mentale Krisen? bezeichnet mit einer
Metaphorik näher, die einem Gänsehaut bereitet. Jeyz artikuliert authentisch und selbstkritisch seine
Angst davor vom Hass beherrscht zu werden, der in seinem Umfeld allgegenwärtig ist.

Zusammenfassend ist zunächst Positiv anzumerken, dass Jeyz sich fast auf jedem Track von Anfang
bis Ende treubleibt und das von ihm zu erwartende auf einem Gewissen Niveau abliefert, sowie das
Potential inne hat sich über den gegenwärtigen Genrestandard hinwegzusetzen. Insgesamt gesehen
wird dem Frankfurter die Länge seines Debuts jedoch zum Verhängnis. Er schafft es nicht die
Aufmerksamkeit des Hörers bis zum Schluss aufrechtzuerhalten, auch wenn er am Ende noch mit
einem von Shuko produzierten Banger namens ?Alles zu spät? (feat. Tone) aufwartet. Dies ist zum
Einen dem Umstand geschuldet, dass die Battle/Representer ? Tracks inhaltlich schon nach den
ersten Zeilen uninteressant werden. Zum Anderen sind die Trackthemen nicht besonders originell
gewählt und z.T. vorausschaubar. Dennoch halte ich Jeyz für einen talentierten und ambitionierten
Künstler und würde mir für zukünftige Releases eine verbesserte Bündelung seiner Stärken
wünschen.

Bewertung: 3 von 6
Bewertung: 3 von 6