Prinz Pi (7. August 2008) ? Köln (Bogen 2) ? Konzertbericht

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Der Prinz ruft und alle kommen. So ist das nun mal in Pi’s Rap-Monarchie. Aber was noch viel verlockender ist, ist der bald anstehende „Neopunk“ und zeitgleich die erste von vier Möglichkeiten im Kölner Bogen 2 frisches Material des Berliners auf die Lauscher zu bekommen. Und das hat bei beinharten Pi-Fans schon im Vorfeld starke emotionale Schwankungen ausgelöst. Der Grund: Selbsternannter Undergroundler unterschreibt beim in vielen Liedern als böse verschrienen Major namens Universal. Sicherlich sei ihm gegönnt auch endlich die ganz breite Masse inklusive dicker Videos zu bedienen, was ihm aber womöglich Probleme bescheren wird, ist seine dadurch schwächelnde Authentizität. Etwas, was ihn früher unter anderem ausgemacht hat und was viele Lieder unehrlich erscheinen lässt („Ich will kein Major Label Geld hab’n – Oder ein‘ Vorschuss„, „[?] keine Kohle mit Musik, ich bleib trotzdem Untergrund„; aus dem Track ‚Wolken Vor Dem Mund‘).

Trotzdem setzt der inzwischen 29jährige weiterhin auf Untergrund-Läden: Direkt unter der kölnischen Hohenzollernbrücke gelegen, wartet schon eine kleine Meute um kurz vor halb Acht aufgrund der ungenauen Einlasszeiten (Ticketdienstleister sagen 21 Uhr, No Peanuts 20 Uhr, etc.) bis man endlich gegen halb neun die Lokalität betreten darf. Eine Stunde darf man sich nun noch die Beine in den Bauch stehen bis ? und das kommt ziemlich überraschend ? die Duisburger Rap-Crew Black Market den bis dato Anwesenden Feuer unter’m Hintern macht. 30 Minuten mit Warmhüpfen verbringen wir, um danach den gediegenen Aufbau für den heutigen Hauptakt zu begutachten. Zwar ist der gegenüber dem Musicaldom gelegene recht kleine Club, mit einem Metallblasinstrumentenhersteller als Nachbarn, ordentlich gefüllt, aber noch weit vom ausverkauft sein entfernt. Macht aber nix, das Publikum feiert Prinz Pi schon im Vorfeld mit zahlreichen Chören ab und rappt spontan den Gassenhauer ‚Instinkt‘ mit als der Beat testweise eingespielt wird.

Eben jener ist auch der Opener als sich Friedrich Kautz, so mit bürgerlichem Namen, von hinten durch die Zuschauer wühlt um die Bühne zu betreten. Ein richtiger Backstageraum mit direktem Zugang zur Stage ist anscheinend nicht vorhanden. Im Schlepptau hat man übrigens DJ Craft von K.I.Z. und E-Rich sowie Biztram als Backup. Neben insgesamt zehn neuen Songs bot der Prinz an diesem viele alte Klassiker nebst ‚Instinkt‘ aus seinem Re(a)petoir wie ‚Keine Liebe‘, den Beatfabrik-Hit ‚Du Hure‘, ‚Der Rand‘, ‚Würfel‘, die akute Single ‚Zünd Die Welt An‘, ‚Berlin, Große Liebe‘, ‚Totentanz‘ und ‚Außer Pi‘. Im Folgenden wollen wir aber vermehrt auf das heiße Zeug eingehen. Eingeleitet von Kautz Worten „Wie vielleicht einige wissen, werden wir „Neopunk“ bei Universal veröffentlichen“ und begleitet von diversen Buh-Rufen, nahm er dem Publikum die Angst mit dem neuen Song ‚8Bit‘, dass „sich so anhört, als hätten wir es 1998 auf Biztram’s abgefuckter Couch aufgenommen“. Sehr undergroundiger Beat, absolute Coolness („Neopunk, digital, 8Bild, Untergrund“). Eine richtig geile Abspack-Nummer in Form von ‚Schädelfick‘ mit einer Mörderhook („Das ist Sound! Das ist Sound!“) hat das Album ebenso in petto wie ruhigere Tracks der Sorte ‚2030‘, in dem Pi seinen Kindern eben im Jahr 2030 beschreibt, wie es in unserem Jahrzehnt so abgelaufen ist. Unterlegt ist die Nummer mit einem sehr smoothen, ruhigen, beinahe bluesigen Beat mit sanften Percussions, welcher von der instrumentellen Seite wohl recht gut mit ‚Unerträgliche Leichtigkeit‘ zu vergleichen ist. Schon von der „Rheinkultur“ bekannt, soll heute auch die zukünftige Single ‚Gib dem Affen Zucker‘ performt werden. Einen sehr schönen Effekt erzielt ein Megaphon in ‚Schlag Die Faust Gegen Die Wand‘ wobei ‚Anti‘ („Wir bleiben immer Anti“) vor allem sehr gut die Message des Albumtitels ausdrückt.

Es sei die Angst von allen Prinzen genommen: Was der Zehlendorfer Rapper mit dem frischen Material auf die Beine gestellt hat, textlich als auch im Beat-Bereich, lässt einen großartigen „Neopunk“ vorausahnen. ? Trotz (oder gerade wegen?) Majordeal. Was unmöglich erschien, scheint sich jetzt bewahrheitet zu haben ? Mr. P hat sich weiterentwickelt, von Stagnation keine Spur. Etwas, was sich anscheinend nicht gesteigert hat, ist die Kondition. Zwei, drei Tracks vor Ende bittet der gute Herr um fünf Minuten Auszeit. Und die braucht nicht nur er. Durch lautstarkes Mitbrüllen, Gepoge, Hüpfen und diversen lustigen Aktionen (die Fans sollen sich links und rechts an die Wand verteilen, dann in die Hocke gehen um dann wieder zur Mitte zu laufen) ist auch die Ausdauer der Feierwütigen im Keller. Genug Zeit also um mal die Audienz zu begutachten. Eins ist klar ? Prinz Pi bedient ein sehr weitreichendes Publikum. Vom HipHop-Head und Armani-Junkie über den Hemd-Normalo und Skater bis hin zum langhaarigen Metaler im Slayer-Shirt feiern alle zusammen eine fette Butze. Kein Ton von Szene-Geblubber. Man bekommt gar keine bösen Worte zu hören und sich erschließen neue Bekanntschaften, Szeneübergreifend. Als die Show dann recht überraschend nach gut 70 Minuten beendet wird, geht sicherlich keiner unzufrieden nach Hause, auch wenn man sich ein paar Sekündchen mehr Pi erhofft hätte. Die allerletzten Verrückten dürfen noch DJ Crafts Aftershow-Set lauschen (wenn auch nur eine halbe Stunde) und jeder Besucher nimmt nicht nur Shirts mit nach Hause, die bis in die letzte Fasser durchnässt sind, sondern auch die Erkenntnis: Das am 04. Oktober erscheinende „Neopunk“ könnte ein großes Ding werden.

By: Daniel Schmidt