Interview: Freddie Gibbs über "Piñata", Madlib & Young Jeezy

Freddie Gibbs hat bereits eine bewegte Vergangenheit im Rapgeschäft hinter sich. Sowohl mit Interscope Records als auch mit Young Jeezys Def Jam Records-Unterlabel Corporate Thugz Entertainment konnte der talentierte Gangsta Rapper bereits aussichtsreiche Vertragsverhältnisse eingehen. Beide blieben aber fruchtlos und Gibbs verabschiedete sich verbittert und ohne ein einziges Release. Dennoch konnte der aus Gary, Indiana stammende Rapper mit Mixtapes und Independent Releases eine devote Fanbase aufbauen, die ihn sowohl für seine kompromisslosen Texte als auch für seine technischen Fähigkeiten als Rapper liebt.

Nachdem bereits im Jahr 2012 mit „Thuggin“ der erste Vorgeschmack einer Zusammenarbeit mit Madlib, einem der profiliertesten Beat-Künstler der vergangenen 20 Jahre, erschien, steht seit Mitte März der heißerwartete Langspieler des ungleichen Duos („Piñata„) in den Läden und wird (gerechtfertigterweise) bereits jetzt als eines der Releases des Jahres gefeiert. Anspruchsvollste Sample-Beats treffen hier auf gekonnt geflowte Gangsta-Tales.

Wir hatten die Gelegenheit auf ein kurzes Gespräch mit Freddie Gibbs und sprachen mit dem selbsternannten Baby Face Killa über die Zusammenarbeit mit Madlib, die Auswahl der Featuregäste und seine weiteren Pläne. Insbesondere aber das Thema Young Jeezy, dem er mit „Real“ einen Diss-Track auf seinem neuen Album widmete, konnte Gangsta Gibbs ein paar interessante Antworten entlocken. Aber lest am besten selbst:

Wie ist die Zusammenarbeit zwischen dir und Madlib zustande gekommen?

Wir haben gemeinsame Freunde, die wollten, dass wir mal was zusammen machen. So einfach war das. Wir sind dann einfach mal zusammen ins Studio gegangen. Es gab da keine großen Formalitäten oder strategischen Interessen. Wir haben dann einen Song zusammen gemacht und dann wusste ich, dass ich ein ganzes Projekt mit ihm machen möchte.

Bevor ihr einander kennengelernt habt, gab es ein bestimmtes Release von Madlib, durch das du auf ihn und sein Schaffen aufmerksam geworden bist?

Nein, ich habe vorher nie bewusst etwas von ihm gehört. Wir haben einfach die Platte zusammen gemacht. Natürlich respektieren wir die Arbeit des anderen, aber über seine wusste ich vorher einfach nicht sehr viel.

Die Reaktionen auf das Album sind ausgesprochen positiv. Das XXL Magazin schrieb über das Album, dass es beinahe so wäre, als ob Madlib dir einen Hindernisparkour aus großartigen, aber anspruchsvoll zu berappenden Instrumentals gebastelt hätte und du mit deinem Flow alle Hürden nehmen würdest, die er dir stellt. Gab es tatsächlich so etwas wie einen sportlichen Wettstreit?

Es war definitiv eine Herausforderung. Das ganze Projekt hat mich zu einem besseren Rapper gemacht. Kein anderer Rapper könnte so über die Beats rappen, wie ich das getan habe. Keiner! Niemand kann das machen, was ich auf der Platte gemacht habe.

Habt ihr zusammen im Studio gearbeitet oder euch Spuren hin und her geschickt?

Es war eine Kombination aus vielem. Im Studio, per Mail, im Tourbus sind wir über Ideen gegangen. Meist hat er mir einfach Beats geschickt und ich habe das gemacht, was ich damit tun sollte: „seek and destroy“. Ich bin ein Killa, Mann.

Als Ende 2012 bekannt wurde, dass es ein gemeinsames Projekt von euch beiden geben werde, warst du noch bei Young Jeezys Label CTE unter Vertrag. Inzwischen ist allgemein bekannt, dass dieses Vertragsverhältnis nicht sonderlich gut ausging. Hatten deine Probleme mit Jeezy und dem Label etwas damit zu tun, dass es so lange gedauert hat, bis „Piñata“ rauskam?

Hell Nah! Jeezy kennt Madlibs Scheiß gar nicht. Ich habe damals versucht, ihn auf das Album zu bekommen. Und er hat mich nur angeguckt und meinte nur: „Nee, vergiss es.“ Ich hab ihm sogar einen Track geschickt, auf den er einen Part hätte rappen sollen. Vielleicht war ihm das zu anspruchsvoll. Vielleicht wusste er nicht, wie er darauf rappen sollte.

Aber nein, das Madlib-Projekt wäre rausgekommen unabhängig von der Jeezy-Situation. Das hatte eh nichts mit ihm zu tun. Wir haben es einfach rausgebracht als es fertig war.

Es hat also einfach seine Zeit gebraucht, um zu reifen?

Jetzt war das perfekte Timing. Ich hatte ohnehin keinen Vertrag mit Jeezy, der mich von derlei Projekten abgehalten hätte. Es war sehr simpel: Ich bringe ein Album über CTE raus und wir teilen den Gewinn. Er hat „Freddie Gibbs“ nie besessen oder so etwas. Ich konnte auch während meiner Zeit bei ihm machen, was ich wollte.

Auf dem Track „Real„, der auf dem Album enthalten ist, sprichst du über die Probleme, die du mit Jeezy hast. An welchem Zeitpunkt hast du realisiert, dass die Situation bei CTE für dich nicht mehr funktioniert und du das Label verlassen musst?

Wahrscheinlich an dem Tag als ihn Rick Ross bei den BET Awards gewürgt hat. Ich war damals nicht mit dabei, weil wir bereits unsere Probleme hatten. Beziehungsweise stand ich in Kontakt mit den Leuten, die für ihn arbeiten, denn er war nicht ans Telefon zu bekommen, um ein Gespräch von Mann zu Mann mit mir zu führen. Es war dann einfach eine persönliche Entscheidung. Wenn du mich nicht wie einen Mann behandelst, dann kann ich nicht mehr cool mit dir sein. Wenn du mir nicht den selben Respekt zollst, den ich dir zeige, dann muss ich weiterziehen.

Hört sich nach einer frustrierenden Situation an.

Letztendlich kannst du deine Karriere nicht in die Hände eines Typen legen, der unsicher über den Verbleib seiner eigenen Karriere ist. Das war damals der Fall. Er war sich selbst nicht sicher, in welche Richtung er sich orientieren sollte. Ich liebe Jeezy bis heute und respektiere, was er im Rapgame erreicht hat. Aber ich erlaube es mir einfach nicht, mich wie eine Bitch behandeln zu lassen. Du kannst mich nicht, wie eine Bitch behandeln und erwarten, dass alles cool ist. Wir sind nicht cool miteinander.

Zunächst wollte ich mich politisch korrekt verhalten, gehen und sagen: „Alles ist in Ordnung.“, aber das konnte ich nicht. Ich war beim Breakfast Club Radio Show und meinte „Alles ist cool zwischen uns“, aber nichts war cool. Das hätte ich nicht tun sollen. An dem Tag bin ich nach Hause gefahren und konnte mich selbst nicht im Spiegel angucken. Dann dachte ich „Fuck that“, ich muss mir selbst treu bleiben und habe den Track geschrieben. Das war einfach, was ich an dem Tag gefühlt habe. It is what it is. Ich habe zumindest nicht gelogen. Das sind nur die Fakten.

Rechnest du damit, dass Jeezy antworten wird?

Nein, nicht wirklich. Er ist nicht in der Lage auf dem selben Level wie ich zu rappen. Er will das nicht auf einer Track-Ebene, das wird er nicht tun. Er wird wahrscheinlich einfach so tun, als hätte er es nicht gehört oder als ob ich nicht wichtig genug wäre. Nach dem Motto: „Blablabla Ich hab mehr Geld als er.“ Das wird der Weg sein, den er wählen wird. Das ist ok, aber das wird mich nicht davon abhalten, dass zum Ausdruck zu bringen, was ich fühle. Ich erwarte nicht, dass er etwas sagen wird. Was will er sagen? Er kann nichts antworten, wenn ich nur die Wahrheit über ihn sage.

Vor eurem Streit hast du Jeezy mal als ein Vorbild im Rapgame bezeichnet. Scarface, ein anderes Idol von dir, ist auf „Piñata“ mit einem Feature vertreten. Du wolltest schon lange mit ihm zusammenarbeiten. Wie stehst du zu eurer Kollaboration auf „Broken“?

Es ist großartig. Er ist definitiv einer meiner Lieblingsrapper. Die Tracks mit ihm und Raekwon haben das Album wirklich geerdet.

Mit Raekwon und Scarface hast du tatsächlich zwei Veteranen auf dem Album. Auf der anderen Seite sind mit Domo Genesis, Mac Miller und Earl Sweatshirt auch einige sehr junge Künstler vertreten. Wie hast du die Features für das Projekt ausgewählt?

Ach, einfach wer gerade bei mir zuhause und bereit war, zu arbeiten. Die Ausnahmen waren nur Raekwon und Scarface.

Du hast vor kurzem den Track „Deuces“ mit Young Chop veröffentlicht. Deine Heimatstadt Gary ist nicht weit von Chicago entfernt. Planst in nächster Zeit mehr mit einigen der jüngeren Künstler aus Chicago zu arbeiten?

Ja, ich feiere einige von denen. Aber Young Chop ist einfach mein Homie. Wir haben schon früher zusammen gearbeitet und werden das auf jeden Fall auch noch öfter tun.

Dein letztes Album „ESGN“ kam erst letzten Sommer raus, „Pinata“ steht in den Läden. Was sind deine Pläne für das restliche Jahr 2014?

Ich werde mit Tech N9ne auf Tour gehen und weiter Mucke aufnehmen. Ich bin fast fertig mit meinem nächsten Album „Eastside Slim„. Ansonsten werde ich chillen, das Leben genießen und mich an meiner Familie erfreuen: meiner Mom, meinem Bruder, meiner Schwester, meiner Freundin. Ich werd einfach zusammen mit meiner Familie die Früchte meiner Arbeit an diesem Album genießen. Denn ich glaube, dass es größer werden wird, als ich es erwartet hätte. Ich glaube das Album ist ein Klassiker. Und in den letzten Jahren gab es nicht viele Klassiker im Rapgame. Es ist eins der besten Alben der letzten fünf Jahre.

Hast du noch letzte Worte?

Ja Mann: ESGN Records, wir sind jetzt eine Firma, wir sind etabliert. Und ich bin dankbar für jeden, der das Album feiert. Keiner macht es so wie ich. Ihr müsst mich jetzt in die Unterhaltungen, wer der beste Rapper ist, miteinbeziehen. Das müsst ihr. Wenn ihr es nicht tut, verarscht ihr euch selbst.