Recap-Spezial: Der Echo 2014 - Schlager sticht Rap

Gestern Abend wurde „der wichtigste Musikpreis Europas“ in Berlin verliehen. Nachdem die Verkaufszahlen unserer Lieblingsgattung von Musikern dieses Jahr verhältnismäßig in die Höhe schossen, waren gestern alle Augen im Deutschrap auf den Echo gerichtet- Anlass genug für uns, die traditionsträchtige Verleihung aus Rap-Perspektive zu rekapitulieren:

Durch die galante Selbstinszenierung der hiesigen Musikindustrie führte, wie schon im Vorjahr, eine auf Pop und Sex getrimmte Helene Fischer und verwies damit subtil auf die Richtung, in die sich der Abend bewegen würde. Passend dazu titelt der Spiegel: „Mehr Szene, weniger Helene!“

Die Nominierungen und Showacts zeigten eigentlich ein ausgewogenes Verhältnis zwischen den Genres auf, die derzeit in den Charts repräsentiert sind. Spätestens als Beatrice Egli den Preis als Newcomer International gegen Größen wie Macklemore absahnte, wurden die priorisierten Kriterien der Industrie allerdings deutlich ersichtlich.

Aber alles der Reihe nach: Generell zeichnete der gestrige Abend ein sehr deutschsprachiges Bild, was nicht zuletzt auch dem deutschen HipHop zugute kam. So durfte Marteria seine Singles „OMG“ und „Kids“ performen, nachdem der dort vor zwei Jahren nur als Randerscheinung neben Joy Denalane auftrat. Die kleine Show mitsamt Knabenchor sorge ob solcher Begrifflichkeiten wie „kiffen“ oder „saufen“ direkt im Vorfeld für Kontroverse im ARD, zählte aber zweifellos und treffsicher zu den abzählbaren Höhepunkten der Gala.

Ein weiterer herausstechender Auftritt aus Rapsicht war noch der erfolgreiche Rekordversuch der Fantastischen Vier, die zum 25-jährigen Bestehen 25 eigene Songs in 250 Sekunden performten. Jan Delay betrat die Bühne erwartungsgemäß in neuer Rockmanier und gab seine St. Pauli Hymne zum Besten. Max Herre hingegen lud sich den US-Soulsänger Gregory Porter ein und ging seinen Slot sehr minimalistisch an: Eine Band, zwei Hocker, ein Mikro und eine Hornbrille. Und über Allem hinweg tönte die seelenvolle Stimme Gregory Porters. Die Echoverleihung war seiner nicht würdig, kann man nur sagen.

Während sich sido im Vorfeld über die mangelnde Berücksichtigung seiner Person im Zuge der Nominierungen beklagte, sollte auch für die anderen Vertreter der urbanen Musikrichtung nicht wirklich viel herausspringen. Immerhin hatte auch der deutsche Gangsta-Rap seinen verdienten Platz in der Sendung, jedoch beschränkte er sich auf wenige Sitze im Publikum und dem leicht anhaftenden Flair eines Saunaclub-Besitzers Lebemanns:

Eine Trophäe konnte schlussendlich nur Max Herre mit nach Hause nehmen, der in der Kategorie „Hip Hop/ Urban NationalBushido, sido, Casper und Alligatoah ausstach. Chakuza und RAF Camora mussten sich in der internationalen Parallel-Kategorie Eminem geschlagen geben. Der Preis für das beste Video ging nicht an Marteria oder Cro sondern Y-Titty, der beste Newcomer des letzten Jahres war in den Augen der Echo-Jury nicht Alligatoah oder Genetikk sondern Adel Tawil. Beim Publikumspreis für den „Radio Echo“ setzte sich Christina Stürmer gegen Cro durch.

Das letzte Wort der Sendung kam schließlich von der Moderatorin Helene Fischer selbst und lautete: „Vielen Dank, das war der Bambi 2014″.
Wer die Sendung verpasst hat, kann sie sich hier in der ARD Mediathek ansehen.