„Bevor wir explodieren so wie Sterne“ - Wer ist Metrickz?

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Allem Anschein nach können die bewährten Stiernacken im Business zurzeit nicht umhin, nun das breite Kreuz eines Neulings zu beäugen. Seitlich des Medienfokus hat sich ein handfester Hype herausgebildet, der ein Hinwegsehen über Metrickz nicht mehr zulässt.

Tatsächlich sehen wir einem erneuten Newcomer entgegen, der offiziell Ansprüche auf das Cover der JUICE erhebt. Doch alles der Reihe nach:
Wie es die Legende will, begann für den heute 23-Jährigen mit türkischen Wurzeln alles mit einer Rapsession beim Schuleschwänzen. Seitdem folgte der Besuch einer Web-Individualschule und eine Existenz als Internetrapper mit Kollaborationen unter Einschluss von Bass Sultan Hengzt, Joe Rilla und B-Tight, auf dessen LP „Drinne“ er seinerzeit vertreten war. Jedoch hält der bürgerliche David Hänsel mit diesen ersten Karriereschritten auf seinem aktuellen eigenen Youtube-Account weitestgehend hinter dem Berg. Erst nach längerem Suchen in den Weiten der Google-Server findet man seine musikalische Historie, zu der unter anderem sein fünf Jahre altes Freedownload Album „Kampfansage“ gehört, sowie auch dieses Stück im Duett mit B-Tight:

Im Laufe der Zeit kamen weitere beträchtliche Achtungserfolge hinzu, die der Osnabrücker komplett ohne Beisein eines Managements, Labeldeals oder der Unterstützung weiter Teile der Rapmedien erfuhr. Ein Fixpunkt ist dabei der Kollabotrack „Alles wird Schwarz“ mit dem Asiaten, der seine Vorliebe für progressive Beats und poetische Metaphern kenntlich macht:

Seit einigen Jahren befindet sich Metrickz nun nach eigenen Angaben als Musiker in der beruflichen Selbstständigkeit. Jetzt, im Monat des Releases seines Albums „Ultraviolett“, erweckt seine Onlinepräsenz auf den einschlägigen Plattformen den Eindruck, das Feld mit einem ausgebrüteten Marketingplan von hinten aufrollen zu wollen. Nachwievor frei von Label oder Management, hat Metrickz aktuell die selbe Medienagentur im Rücken wie beispielsweise 7inch. Ohne den Umweg über berichterstattende Kanäle wird der Fitnessenthusiast derzeit auf Tumblr von tätowierten Mädchen als Sexiest Man Alive gefeiert und läuft parallel dazu mit „Valentina“ in der Rotation auf MTV. Zugegebenermaßen erinnert die Videosingle im ersten Moment an SAM‘s „Aus Liebe zur Musik“; mit einsetzen der rapiden Drums merkt man aber, dass in der sprechgesanglichen Ausführung einiges mehr an Vehemenz steckt. Gewisse Anklänge und ästhetische Parallelen zu Cro und Komplizen bis hin zu EstA lassen sich jedoch bis zuletzt nicht ganz von der Hand weisen:

Beeindruckender Weise zeigt sich für das hochwertige Klangbild dieses Tracks, sowie auch des gesamten Albums kein Geringerer als Produzent X-plosive Beats verantwortlich. Auch die Liste der Featuregäste macht einen respektablen Eindruck: JokA, Silla, Swiss und Joshimixu versammeln sich auf der Platte neben „Deutschlands Wolverine“. Metrickz gelang in der Folge dessen am 10.10. diesen Jahres der direkte Einstieg in die oberen Ränge der Amazon- und itunes-HipHop-Ranglisten, wo „Ultraviolett“ bis zum heutigen Tag jeweils auf Platz 2 und Platz 4 verharren darf. Der Einstieg in die deutschen Albumcharts blieb ihm allerdings verwehrt, war „Ultraviolett“ in physischer Form doch einzig in seinem eigenen Store erhältlich.

Tatsächlich zeichnet sich das ambitionierte Werk durch ein klanglich rundes Soundkonzept aus. Hauptmerkmal sind dabei energetische Synthies mit eingängigen Hooks, Dubstep- und Drum ‚n‘ Bass-Zusätzen, sowie sein dynamischer Rapstil, was auf gesamter Albumlänge trotz Seelenstriptease keine Melancholie zulässt. Dafür sorgen auch nicht zuletzt die sorgfältig eingestreuten Braggadocio-Ignoranz-Hymnen mit der Absicht, die Dicke seines Prügels im wörtlichen Sinne ein für alle mal für alle Unwissenden klarzustellen. Eine Mischung, die in dieser Form auf der gegenwärtigen Spielfläche kaum vertreten ist.

Ein Thema für sich auf der Platte ist in diesem Zusammenhang der u.a. im Video präsentierte wiederkehrende Gebrauch mehr oder minder gelungener Vergleiche. Dieser fortdauernde rote Faden droht die grundsätzlich von Herzen kommenden Texte immer wieder unvermeidbar zu verwässern und ins Banale abdriften zu lassen. Darin liegt der Hund begraben: Der junge Autodidakt nimmt seinen Zeilen stellenweise die Durschlagkraft, zu der er wohl grundsätzlich á la Kontra K im Stande wäre.
Metrickz pendelt dabei zwischen tiefsinniger, entschlossener Abgeklärtheit und der unruhigen Getriebenheit eines 23-Jährigen.

Letztendlich markiert auch Metrickz eine Generation von Künstlern, die in Eigenregie zu gegebener Zeit wahlweise durch die richtige Marktplatzierung, Image oder einer Hochglanzverpackung für Aufsehen sorgen konnten und die derzeitigen Spielregeln für einen Newcomer reflektieren. Der medial-kommunikative Teil seiner Arbeit scheint ihm ein mindestens genauso wichtiger Bestandteil für sein Fortkommen zu sein wie das eigentlich Musikalische. So bedenkt er seine 100.000 Facebook-Anhänger in regelmäßigen Abständen mit poetischen Lehren fürs Leben oder einer Melange aus Katzenfotos und halbnackten Manifesten seiner Männlichkeit. Auch ein fließendes Twittergame und einen eigenen Online-Shop getarnt als Artistpage hat der Herr am Laufen. Dabei scheint er nichtsdestoweniger all jenes richtig zu machen, was in irgendeiner Weise Erfolg verheißen könnte: Die Zahlen von 5,5 Millionen Aufrufen des eigenen Youtube-Channels im Alleingang lügen nicht. Und auch weiterhin stehen alle Zeichen für den jungen Künstler auf Gedeihen.