Pepsi vs Lil Wayne x Tyler, the Creator: Rapper verlieren Werbedeals

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Es ist nichts Neues das multinationale Konzerne sich gerne die Popularität und die anrüchigen Images bekannter Rap-Persönlichkeiten zu Nutze machen, um ihre Produkte in der Gunst jugendlicher Käuferschichten steigen zu lassen. Dumm nur wenn die zwielichtigen Jungs aus dem Viertel nicht nur wie bestellt ihre authentischen Street-Appeal zur Verfügung stellen, sondern dann auch tatsächlich mal lyrisch über die Stränge schlagen.

Nachdem Mitte April die Aufregung um Rick Ross vermeintliche „Date Rape“-Zeile auf Rockos Song „U.O.E.N.O“ hohe Wellen schlug und Sportartkielhersteller Reebok dazu veranlasste, den schwergewichtigen Maybach Music-Chef aus seinem hoch dotierten Werbevertrag zu entlassen, hat die nun wieder gesteigerte Sensibilität der US-〓ffentlichkeit für das politisch unkorrekte Treiben der Rapperzunft zwei weiteren namenhaften Künstlern ihre lukrativen Endorsement-Deals gekostet.

Noch bevor Rick Ross Fantasien über nicht-einvernehmlichen Geschlechtsverkehr Frauenverbände im ganzen Land auf die Barrikaden brachte, hatte sich Lil Wayne bereits Mitte Februar mit einer verunglückten Metapher auf Futures Single „Karate Chop (Remix)“ in Erklärungsnöte gebracht. Auf dem Titel hieß es seitens Waynes:

“Beat that pussy up like Emmett Till”

Zum besseren Verständnis: Emmett Till war in den 1950er Jahren ein afroamerikanischer Teenager, der in Mississippi von einer Gruppe weißer Männer aus rassistischen Motiven schwer misshandelt und letztlich ermordet wurde. Der Fall war einer der Schlüsselmomente, der zur Initiierung der schwarzen Bürgerrechtsbewegung in den USA beitrug. Lil Wayne verglich also auf dem Track die Urgewalt seiner sexuellen Performance mit dem gewaltsamen Tod einer Ikone des afroamerikanischen Kampfes um Gleichberechtigung.

Kein Wunder, dass es nicht lange dauerte, bis sich die Familie Emmett Tills empört zu Wort meldete und Future und sein Label Epic Records dazu veranlasste, die fragwürdige Passage aus dem Song zu streichen. Nachdem alles zunächst danach aussah, als ob die Angelegenheit damit aus der Welt geschafft worden sei, scheint die erfolgreiche Ausübung von öffentlichen Druck im Falle von Rick Ross, der Geschichte neuen Schwung gegeben zu haben.

Obwohl Weezy letzte Woche noch eine förmliche Entschuldigung an die Till-Familie richtete, wurde bereits am Freitag klar, das Softdrink-Hersteller Mountain Dew (eine Unter-Marke der Pepsi Company) seinen millionenschweren Werbevertrag mit Wayne aufgrund dessen lyrischer Entgleisungen aufkündigte. Seitens der Pepsi Company ließ man verlauten „[The] offensive reference to a revered civil rights icon does not reflect the values of our brand.“, während eine Publizisten von Lil Wayne „kreative Differenzen“ als Grund für die „einvernehmliche“ Beendung der Geschäftsverhältnisse vorschob.

Während die Entscheidung im Falle Waynes im Großen und Ganzen noch nachvollziehbar scheint, machte Mountain Dew nun auch im Falle eines weitaus absurderen Aufregers einen Rückzieher in der Zusammenarbeit mit einem ihrer prominenten Werbeträger.

Tyler, The Creator hatte seit Kurzem eine Reihe von Werbeclips für das extrem zuckerhaltige Erfrischungsgetränk produziert, die in typischer Tyler-Manier eine Ziege in der Hauptrolle featurten. Das Konzept der Clips sah vor, dass die von Tyler selbst gesprochene Ziege Filicia aufgeputscht durch Mountain Dew in diversen Szenarien Angst und Schrecken verbreitet. So weit so sinnentleert / harmlos.

Kurz nachdem allerdings der neueste, dritte Werbespot in der Reihe veröffentlicht wurde, gab Mountain Dew bekannt alle Clips, die in Zusammenarbeit mit Tyler entstanden, zurückzuziehen. Was war geschehen?

Der Spot zeigt Filicia, wie sie versucht in einer polizeilichen Gegenüberstellung eine ältere, weiße Zeugin einzuschüchtern. Der Makel: Für die Besetzung der weiteren Verdächtigen in der Aufstellung hatte Tyler einige seiner Odd Future Kollegen gecastet – allesamt Afroamerikaner. Nach der Ausstrahlung sah sich Mountain Dew daher mit Vorwürfen konfrontiert, die Besetzung der anderen Kriminellen hätte auf Basis von rassistischen Vorurteilen stattgefunden. Um Schadensbegrenzung bemüht, wurde die Werbekampagne gleich in Gänze eingestampft.

Ganz zum Unverständnis von Tyler natürlich:

„I guess people are claiming that it’s racist, which… you know, that wasn’t even portrayed in that commercial, there’s no type of hate being portrayed in that work of art at all — which I’m confused by. But this older black dude, Dr. Boyce Watkins, I guess he found it racist because I was portraying stereotypes, which is ridiculous because, one, all of those dudes [in the line-up] are my friends. Two, they’re all basically in their own clothes. It was originally supposed to be just two dudes, but Garrett from Trash Talk came with his friend and other people had showed up, so I just put all of them in that line-up, if you really wanna know the truth. Three, no [commenters] saw that commercial and said, this is racist. Everyone either said, “Wow, this is ridiculous, it’s a goat talking,” or they said, “Wow, this is the dumbest, why would they even make this?” So for [Watkins] to nitpick and notice that, clearly shows his state of mind is on some other sh– that I can’t comprehend, for him to actually sit there and for him to notice that it’s all blacks [in the lineup]. That wasn’t my intention.“

Erst wenige Tage zuvor hatte Tyler in einem Interview mit Elliott Wilson noch die durchweg positive Zusammenarbeit mit Mountain Dew beschrieben und sich bei anwesenden Konzernvertretern dafür bedankt, dass man ihm trotz seines Rufs volle kreative Freiheit zugesichert habe (ab Minute 2:52):

Es bleibt abzuwarten, wie sich diese Entwicklung weiter fortsetzt, jedoch könnte das derzeitige Klima einen nachhaltigen Effekt darauf haben, in welcher Form sich „Mainstream“-Marken mit Rap-Künstlern (insbesondere jenen der weniger berechenbaren Sorte) in Zukunft assoziieren werden.

Einen Lichtblick für Lil Wayne und Tyler, the Creator liefert allerdings der gescholtene Rick Ross, der sich Gerüchten zufolge bereits mit Reebok versöhnt haben soll und sich sogar bereits wieder mit einem Vertreter der Schuhmarke ablichten ließ:

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